Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 63

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ist offensichtlich das Problem, dass wir Freihandelsabkommen mit Industriestaaten ge­plant haben – einerseits mit den Vereinigten Staaten und andererseits mit Kanada –, und das löst jetzt derartig dramatische Befürchtungen aus, dass ich Sie schon bitten würde, doch ein paar Überlegungen anzustellen:

Zum Ersten: Glauben Sie wirklich, dass die amerikanischen Großkonzerne oder die eu­ropäischen Großkonzerne so ausgerichtet sind, dass sie die Freihandelsabkommen jetzt wirklich brauchen? Ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass sämtliche Unternehmen, die größere Strukturen haben, wie Siemens oder VW oder die Voest oder umgekehrt General Motors oder Coca-Cola, schon längst in Österreich und in Europa europäische Firmen haben und nach diesen Prinzipien agieren? (Abg. Pirklhuber: Die Standards sind unterschiedlich in den USA und Europa!)

Zum Zweiten: Glauben Sie wirklich, dass Länder, wie die Vereinigten Staaten oder Ka­nada, ihre Bürger Gefährdungen im gesundheitlichen oder in einem anderen Bereich aussetzen? (Zwischenrufe der Abgeordneten Lugar und Schimanek.) Ist Ihnen zufälli­gerweise im gerade von Ihnen so oft strapazierten Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt­schutz aufgefallen, welche Probleme VW derzeit hat (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Pock), weil die Amerikaner von VW die Einhaltung der Abgaswer­te nicht nur am Papier, sondern in der Realität einfordern? (Abg. Neubauer: Dann sa­gen Sie doch, was Sie wollen!) Glauben Sie daher auch wirklich, dass das alles pau­schal so stimmt?

Und zum Dritten: Sie sagen immer, die Landwirtschaft sei so gefährdet und so weiter; wir werden darüber diskutieren. Haben Sie gestern zufälligerweise gehört, dass die Milchpreise dramatisch abgesunken sind (Abg. Pirklhuber: Ja!) und dass man das mit den Sanktionen in Russland begründet? Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass man, wenn die österreichische Landwirtschaft teilweise ein Vielfaches von dem, was wir in Öster­reich brauchen, produziert, irgendwie auf den Export angewiesen ist? Ich kenne Fir­men, die beispielsweise Speck oder anderes produzieren, ihre Produkte über das Inter­net vertreiben wollten und in Amerika aufgefordert worden sind, bei der Food and Drug Administration entsprechende Zertifizierungen, die Millionen Dollar kosten, zu erwerben, weil man sonst nicht exportieren kann. (Abg. Hübner: Das ist aber umgekehrt auch …!)

Das sind Kleinbetriebe. Herr Kollege, glauben Sie wirklich, dass die großen amerikani­schen Konzerne ausgerechnet das kleine Österreich im Visier haben? (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Ich glaube weniger (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), aber ich sage Ihnen schon, was natürlich klar ist: Schauen Sie, ein Freihandelsabkommen eröff­net beiden Teilen Chancen, wenn es gut gemacht ist. Klar ist, dass nicht jeder auto­matisch profitiert, und klar ist, dass natürlich nicht alles so bleibt, wie es ist. (Zwi­schenruf des Abg. Deimek.) Wenn Sie den Handel ansprechen: Es werden sich neue Chancen, aber möglicherweise auch neue Konkurrenten ergeben.

Ja glauben Sie, dass jemand in dem Bereich mit einer anderen Situation Freude hat? Aber wir werden – siehe meine Einleitung: Wohlstand und Arbeit – nur dann profitieren, wenn wir uns dem internationalen Wettbewerb stellen oder wenn wir auf der anderen Seite sagen, das brauchen wir nicht; dann nehmen wir halt andere Formen von Qua­lität, was den Lebensstandard anbelangt, aber auch weniger Arbeitsplätze in Kauf.

Ich glaube, meine Damen und Herren – und ich komme zum Schluss beziehungsweise zur Überleitung –, beide Positionen lassen sich miteinander vereinbaren. Wir brauchen ein gut gemachtes Abkommen. Ein gut gemachtes Abkommen heißt, glaube ich, auch, dass die EU (Zwischenruf der Abg. Schimanek), was Transparenz anbelangt, was die Darstellung der Standards und den Investitionsschutz anbelangt, da anders hätte vor­gehen sollen. Das haben wir auch oft genug angemerkt, die Transparenz wurde zumin­dest verbessert, unter anderem auf unser Bemühen hin.

 


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