Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 71

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11.20.50

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine geschätzten Damen und Herren Abgeordneten! Vorweg möchte ich ganz kurz auf die Idee des Herrn Vilimsky eingehen, der meint, dass die Volksabstim­mung über TTIP am Ende des ganzen Prozesses tatsächlich der beste Weg ist, um das, was hier am Tisch liegt, nicht Wirklichkeit werden zu lassen. – Spielen wir das ein­mal in Gedanken durch.

Das heißt, es kommt zu einer vorläufigen Anwendung von CETA, es kommt dann zu einer Beschlussfassung von CETA, TTIP wird weiterverhandelt, unter den Bedingun­gen, unter denen es jetzt verhandelt wird, nämlich der absoluten Geheimniskrämerei, dass man diese „Gefängniszelle“ drüben im Wirtschaftsministerium für zwei Stunden auf­suchen, sich zwei Dokumente anschauen und niemanden mitnehmen darf. (Abg. Fek­ter: Die Grünen waren noch nie dort!) – Es sind 14 Dokumente, Frau Kollegin Fekter! Da muss ich siebenmal hingehen, damit ich alle Dokumente anschauen kann. Ich fin­de, das ist entwürdigend und das ist einem Parlamentarismus in keiner Weise würdig. Ich glaube, da sind wir uns einig. (Beifall bei den Grünen.)

Aber denken wir weiter: Sie wollen, dass das alles weiterverhandelt wird, auch unter den gegebenen Bedingungen, nämlich dass jetzt der Lebensmittelmarkt, der europäi­sche Agrarmarkt, auch die europäischen Lebensmittelstandards und Agrarstandards de facto mit den USA abgetauscht werden, die dann im Gegenzug die Regelungen betref­fend den Finanzmarkt, die Versicherungen aufweichen sollen. Das ist das, was im Mo­ment verhandelt wird, das wollen Sie fortgeführt haben, und erst ganz zum Schluss wollen Sie, dass das hier im Hause beschlossen und dann eine Volksabstimmung da­rüber durchgeführt wird.

Ich sage Ihnen, das ist ziemlich absurd. Ich möchte Folgendes: Ich möchte, dass die­ser Wirtschaftsminister gemeinsam mit dem neuen Bundeskanzler die Verhandlungen zu TTIP sofort abbricht. Das System ist dermaßen schief aufgesetzt, es ist nicht mehr zu retten! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte hier auch eine klare neue Positionierung. Sie haben vorhin Fußballverglei­che bemüht. Im Moment ist es bei CETA, bei dem Abkommen mit Kanada so … (Abg. Peter Wurm: Die Grünen werden wieder umfallen, wie gewohnt!) – Sie kommen gleich dran! – Im Moment ist es so, als würde man ein Fußballspiel nach der ersten Halbzeit be­reits als endgültiges Ergebnis für den Aufstieg oder Abstieg einer Mannschaft bewer­ten. Genau so ist es. (Vizekanzler Mitterlehner: So sehen Sie es!)

Mit der vorläufigen Anwendung des Kanada-Abkommens sind die Klagemöglichkeiten für Konzerne de facto Realität. Dann wird CETA beschlossen, das heißt, die Sonder­klagerechte sind mit Kanada bereits Realität. Und dann wollen Sie das den Amerika­nern vorenthalten? Wie soll denn das funktionieren? Im Übrigen: Es gibt bereits fast 42 000 Tochterunternehmen von amerikanischen Konzernen, die dann über die Hin­tertür Kanada und CETA genau das machen werden, was wir von Anfang an befürchtet haben.

Kollegen von den Freiheitlichen, diese Broschüre (eine solche in die Höhe haltend) ist aus dem Jahr 2014. Das sage ich deswegen, denn das war zu einer Zeit, als Sie noch nicht einmal gewusst haben, wie man TTIP buchstabiert. Aber das ist eine wichtige Frage und immer schon unser vordringlichstes Anliegen gewesen, in diesem Bereich genauer hinzuschauen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt muss ich noch ein paar Fragen an die Kollegen von der ÖVP richten. Ich weiß nicht, wie Sie sich das wirklich vorstellen. Es ist, glaube ich, keine ausschließliche Fra­ge der Produktion; ich glaube, Landwirtschaft und Lebensmittel sind eine kulturelle Fra­ge. Und wir haben in Europa unsere Lehren aus vielerlei Krisen im Lebensmittelbereich


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