Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 88

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12.24.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Sie haben gerade gehört, Kollege Kassegger hat gemeint, Europa sei nicht die Lösung. Wir ha­ben heute dieses Thema TTIP und CETA unter ein klares Motto gestellt, nämlich unter das Motto „Fairer Handel statt Konzernherrschaft!“. Herr Kollege Kassegger, das ist ja der Grund: weil wir ein starkes Europa brauchen, das genau denen Einhalt gebietet, die heute Global Players sind. Das können Sie hier im Nationalrat allein nicht gestalten!

An dieser Stelle ein Dank an die Europa-Abgeordneten für ihre Arbeit, dass wir auch hier stärker zusammenarbeiten, dass wir die Diskussion führen, parlamentarisch füh­ren, demokratisch führen – das ist die Herausforderung: das Primat der Politik! (Beifall bei den Grünen.)

Dafür kämpfen wir, meine Damen und Herren, damit BürgerInnenrechte, ökologische und soziale Rechte nicht ausgehöhlt werden durch jene „Heuschrecken“, die nichts an­deres im Sinn haben, als ihre Profitraten zu steigern. Das kann nicht die Zukunft Euro­pas sein! Und dafür gibt es gute Belege, nämlich wissenschaftliche Belege: Naomi Klein, Colin Crouch, auch Joseph Stiglitz als US-Ökonom und Nobelpreisträger. Ja, sie haben gesagt, der faire Handel gehört gestärkt. Das ist die Agenda, die wir in Europa brauchen: den fairen Handel zu stärken, um nämlich die Zukunft Europas zu gestalten.

Das ist nämlich die Frage – und die ist an die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, an den Herrn Minister und den Herrn Staatssekretär gerichtet –: Brauchen wir wirklich für die Zukunft Europas, für die soziale Sicherheit und den wirtschaftlichen Zusammen­halt TTIP und CETA?

Schauen wir uns doch die Fakten an! Was sagen denn Ihre Ökonomen, sozusagen die Apologeten dieses Weges? – 0,04 Prozent zusätzliches BIP, zusätzliches Wachstum soll es bringen. 0,04 Prozent jährlich – und das möglicherweise erst in zehn Jahren! Und wie viele Arbeitsplätze? – Kommissarin Malmström hat es hier im Hause bei der Aussprache gesagt: für Österreich ungefähr 25 000 Arbeitsplätze. (Abg. Kogler: Das ist lächerlich!) Ja, aber da ist noch nicht gegengerechnet, wie viele Bäuerinnen und Bauern aufhören müssen, wie viele kleine und mittlere Unternehmen aufgrund dieser Veränderungen werden aufhören müssen, das ist die Realität. – Also kaum Effekte!

Und wie wichtig sind TTIP und CETA auf der anderen Seite für die transnationalen Konzerne? – Das hat der Herr Minister nicht richtig argumentiert. Er hat zwar recht, wenn er sagt, Coca-Cola sei sowohl in Europa als auch in den USA auf dem Markt, was er aber nicht dazugesagt hat, ist, dass die Rezepturen von Coca-Cola nach euro­päischen Standards anders aussehen, andere Beistoffe und Zusatzstoffe erlaubt sind als in den USA. Und das wurmt den Konzern. Ähnlich ist es in anderen Bereichen – es ist eine ganz breite Palette –, und daher ist das oberste Interesse, und zwar nicht nur der US-, sondern auch der europäischen Großkonzerne, die regulatorische Koopera­tion, die Zusammenarbeit und Harmonisierung von Vorschriften, Regeln und Gesetzen.

Meine Damen und Herren, wenn das DuPont, Monsanto, BASF, Bayer, Syngenta oder Nestlé machen, dann kann man sagen, okay, das sind die Interessen der Industrie und der Großkonzerne. Wir Parlamentarier müssen aber schauen, dass die Interessen der Menschen nicht unter die Räder kommen, nicht unter die Räder dieser Konzerne – die ihre legitimen Interessen vertreten, aber wir haben die bürgerlichen, staatsbürgerlichen Interessen zu vertreten, nämlich erstens, das Vorsorgeprinzip wirklich zu schützen. Die­ses kann und darf in Europa nicht abgeschafft werden. Das ist eine große Errungen­schaft, die auch in den europäischen Verträgen niedergeschrieben ist. Das Vorsorge­prinzip ist kein Lippenbekenntnis von irgendwelchen Grünen oder ökologisch und so­zial orientierten Abgeordneten, es ist Teil der europäischen Verträge. Es ist Teil unse­rer gemeinsamen gesetzlichen Grundlagen.

 


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