Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 155

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

spenst hier. Das erste Versagen ist, dass es in Österreich überhaupt möglich ist, in so einem Zustand und außerhalb aller sozialstaatlicher Struktur zu leben; manche verwenden dafür den Begriff illegal – nicht notgedrungen über die ganze Dauer –, den möchte ich in diesem Zusammenhang nicht verwenden. Der Täter in dem jetzt diskutierten Fall lebt seit vielen Jahren hier, weil es keine Kooperation mit Kenia gibt. Ganz unabhängig davon, wie man jetzt zu Abschiebungen steht, ob man das eher strenger oder lockerer sieht: Wenn ein Bescheid erstellt wird, dann muss der auch in irgendeiner Art und Weise vollzogen werden. Also da gibt es in jedem Fall ein Defizit, ganz unabhängig von der generellen Haltung zu dieser Frage.

Ein Hauptproblem ist eben ein fehlendes funktionierendes Abschieberegime. Allein 2014 hat Österreich 14 604 Ausweiseverfügungen verordnet, aber nur 5 415 Menschen sind tatsächlich freiwillig ausgereist oder abgeschoben worden. Die Frage ist: Was passiert mit den über 9 000 Nicht-Abschiebbaren, die allein 2014 zurückgeblieben sind? – Nichts, weil es nicht möglich ist, etwas über jene zu erfahren, die ohne Aufenthaltstitel hier leben! Sie werden statistisch nicht erhoben. Und was macht Österreich? – Es werden weiter derartige Entscheidungen gefällt, die dann nicht durchgeführt werden können. Das ist sozusagen der eine Punkt, der auch schon ausgeführt wurde.

Der zweite wäre das staatliche Versagen sozusagen in der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz, zumindest punktuell, weil die Verantwortung hin und her geschoben wird, was in vorangegangenen Debattenbeiträgen auch schon zur Genüge erläutert wurde.

Was brauchen wir also? – Wir brauchen in jedem Fall eine engere fallbezogene Zusammenarbeit. Aber wenn das auf nationaler Ebene schon nicht funktioniert, wie soll es dann auf europäischer Ebene funktionieren? Auch da werden hoffentlich die Ergebnisse der Sonderkommission ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

Wichtig wäre natürlich auch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sozialarbeit. Dafür gibt es gute Beispiele, etwa jenes am Praterstern, wo eine NGO mit der Polizei schon seit über 20 Jahren zusammenarbeitet.

Wie stärkt man das subjektive Sicherheitsgefühl? – Einerseits natürlich punktuell sicher auch durch die Sichtbarkeit der Exekutive, dazu gibt es wohl Bemühungen, durch Präventionsarbeit, besonders in der Jugendarbeit, in den Schulen, in Gefängnissen und natürlich durch eine Aufklärung der Bevölkerung, was die Sache betrifft, und kein hysterisches Polarisieren. Was wir in der Prävention und Integration an Arbeit leisten und investieren, sparen wir uns natürlich später in der Kriminalitätsbekämpfung.

Wir haben grundsätzlich ein funktionierendes System der Außerlandesbringung, doch es gibt Gründe dafür, dass es dann doch nicht funktioniert; etwa fehlende Rückfüh­rungszertifikate, mangelnde Kooperation. Das erfordert natürlich auch ein verstärktes Zusammenarbeiten auf europäischer Ebene und natürlich auch des Außenminis­te­riums.

Die ehemalige Innenministerin Mikl-Leitner hat Mitte April als Ziel ausgegeben, bis 2019 50 000 Außerlandesbringungen von Flüchtlingen zu organisieren. Neben der Organisation von Reisedokumenten bei Zahlung des Transports, der Versorgung, der medizinischen Betreuung werden natürlich auch finanzielle Anreize gesetzt. Die Forderung ist ganz klar: dass es auch zur Umsetzung dieser Ankündigung kommt und nicht nur bei der Ankündigung bleibt. Wenn die Länder, die mit uns kooperieren sollten, das nicht tun, muss man leider natürlich auch Druckmittel, wie Kollege Scherak schon ausgeführt hat, einsetzen; etwa die Mittel, die in der Entwicklungszusammenarbeit dafür vorgesehen werden, sozusagen als Schwungmasse in die Verhandlungen mitein­zuführen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite