Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 53

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Zur Sache: Ich habe eine kleine Schwester, die eine kluge junge Frau ist, die gerade vor ein paar Wochen die Matura gemacht hat. Ich muss sagen, ich bin sehr stolz auf sie: Sie war acht Jahre lang im Gymnasium mit ausgezeichnetem Erfolg unterwegs. Sie hat auch die Matura mit ausgezeichnetem Erfolg gemacht und war in den naturwissen­schaftlichen Fächern besonders gut. Ihr Berufswunsch beziehungsweise ihr Ausbildungs­wunsch ist nun, Zahnmedizin zu studieren, und wie wir alle wissen, gibt es mittlerweile Eignungstests dafür.

Nachdem sie vor drei, vier Wochen die Matura – mitsamt diesem Stress, der meines Erachtens dazugehört, keine Frage – mit guten Noten absolviert hat, muss sie jetzt ei­nen Eignungstest machen und schon wieder strebern und schon wieder lernen und – wir alle wissen auch, dass es ja keine Garantie ist, wenn man gut ist, dass man es auch dort schafft – darauf hoffen, dass sie dann auch in die Quote entsprechend hineinkommt.

Nun ist mir schon klar, dass die Eignungstests auch etwas mit dem Zustrom aus Deutsch­land zu tun haben, aber ich muss in diesem Zusammenhang trotzdem die Frage stel­len – auch Kollege Töchterle hat das angesprochen –: Was ist diese Matura überhaupt noch wert, wenn sie doch eigentlich eine Hochschulreife darstellen sollte, die Universi­täten dann aber anfangen, das noch einmal zu überprüfen? Ist es die Matura, die nichts wert ist? Sind es die Universitäten, die da sozusagen nicht mehr mit unseren AHS ge­koppelt sind?

Es ist, wie ich meine, ein Befund zu treffen, der eher darauf hindeutet, dass die Matura ein bisschen zu wenig wert ist, denn ich kenne noch ein anderes Beispiel von einem Rechts- oder Rechtsgeschichteprofessor, der seine erstsemestrigen Jus-Studenten im­mer fragt, wann die Republik gegründet worden ist – etwas, was man nach einer AHS-Matura eigentlich wissen sollte –, und der hat mir erzählt, dass das bis zu 50 Prozent der Maturanten nicht wissen. Da kommen dann ganz so traurige Antworten wie 1938 und solche Blödheiten, also ein wirklich erschreckender Befund.

Es ist, glaube ich, auf der einen Seite klar, dass das Bildungsniveau allgemein gesun­ken ist, das Schulniveau allgemein gesunken ist, auf der anderen Seite aber alle eben in die AHS hineindrängen, in die Studien hineindrängen, wir den Bologna-Prozess ha­ben, wo wir eine 40-prozentige Akademikerquote als Ziel haben, was meines Erach­tens der völlig falsche Weg ist. Warum? – Wenn wir uns anschauen, welche Länder in Europa gut dastehen, dann sehen wir, dass es die Länder mit einer hohen Facharbei­terquote sind, nämlich die Schweiz und Norwegen, und nicht die Länder mit einer künst­lich hoch gehaltenen Akademikerquote. Und wir in Österreich sind auf dem besten Weg dorthin. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist die Conclusio? Welche Konsequenz sollten wir daraus ziehen? – Wohl die, dass es besser ist, unseren jungen Menschen in der Volksschule und in der Mittelschule vor allem ein solides Handwerkszeug mitzugeben und in weiterer Folge dann auch die Ma­tura mit einem gewissen Wert auszustatten.

Ich meine, es ist zum einen – das wurde heute schon von meinem Kollegen Rosen­kranz angesprochen – die Stärkung der Basisausbildung in den Volksschulen, das Ver­mitteln der grundlegenden Kulturtechniken, die wir unbedingt stärken müssen, es ist aber auch – das ist überhaupt keine Frage – die Beherrschung der deutschen Sprache für den Besuch des Regelunterrichts, die vorauszusetzen ist. Da haben wir ein großes Problem.

Darüber hinaus ist der Abschied von der Utopie der Gesamtschule notwendig, es ist die Stärkung des differenzierten Schulsystems, wie ich meine, ganz, ganz wesentlich, und man muss natürlich auch bei der Lehrerausbildung nicht nur auf die pädagogische Komponente Wert legen, sondern – gerade was die AHS betrifft – auch auf die fachli­che Komponente. Wenn ich da an die Geisteswissenschaften denke, dann stelle ich


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