Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 66

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hat: 80 Prozent unserer jungen Leute haben dabei angegeben, sich als europäische Bürgerinnen und Bürger zu fühlen. Das ist ein gutes Zeichen, weil verstanden worden ist, dass ein wesentlicher Teil unseres Wohlstands daran hängt.

Wir wissen, fast eine Million Jobs in Österreich hängen vom Export ab, der Löwenanteil davon geht ja bekanntermaßen in die EU. Wir wissen, dass viele unserer Freiheiten – beim Reisen zum Beispiel, beim Arbeiten – ganz wesentlich an unserer Einbettung in­nerhalb der EU hängen, und wir wissen, dass wir hier einer Gemeinschaft angehören, die auf einen Wertekanon aufbaut und auf ein Wertesystem aufbaut, das wir alle so schätzen und das Europa stark gemacht hat, auf Humanität und auf ein Lebensgefühl, dass das Gemeinsame in den Vordergrund stellt, wo eben nicht jeder Einzelne zu schau­en hat, wo er selbst bleibt.

Es gibt allerdings zwei Fragen, denen wir uns mit größter Intensität widmen müssen, die aber auch sehr gut zeigen, dass es nur im europäischen Kontext Lösungen geben kann. Ich denke, es ist unsere gemeinsame Verantwortung, das immer wieder klarzu­machen. Wir haben intensiv und oftmals die Integrationsfrage diskutiert, und wir wis­sen, bei allen Maßnahmen, die Österreich hier in diesem Bereich setzt, ist eines klar: Wenn wir erst an den österreichischen Grenzen nachzudenken beginnen, wie wir mit der Migrationsfrage umgehen, dann wird das zwangsläufig scheitern und nicht leicht funk­tionieren. Wir haben auch hier ganz klar eine Lösung zu suchen, die weit über unsere ös­terreichischen Grenzen hinausgeht, die wir nur im europäischen Kontext durchsetzen können. Wenn Sie etwa an das Abkommen mit der Türkei denken, ist das ein gutes Bei­spiel dafür, dass ein Land wie Österreich allein wahrscheinlich keine zufriedenstellenden Lösungen zuwege brächte.

Terrorbekämpfung – auch das wissen wir –: Da brauchen wir eine grenzüberschreiten­de Kooperation, sonst werden wir die Sicherheitsbedürfnisse unserer Bürger und Bür­gerinnen nicht erfüllen können.

Finanzkrise – wir haben auch das erlebt –: Ohne die entschlossenen Interventionen der Europäischen Zentralbank und ohne ein professionelles Management der Griechenland­krise würden die wirtschaftlichen Turbulenzen der Finanzkrise noch einmal ganz anders aussehen.

Die Fragen des Klimawandels oder der Wettbewerbspolitik: Sie können eine Frage nach der anderen nehmen und Sie werden immer sehen, dass wir nur gemeinsam in der La­ge sind, diese großen Generationsherausforderungen zu lösen. – Das gilt es klarzuma­chen, und das muss unsere Perspektive sein.

Es ist allerdings so, dass wir uns hier auch mit der Frage zu beschäftigen haben, wie wir das europäische Projekt generell und institutionell weiterentwickeln wollen. Es ist na­türlich ein logischer Reflex, sich nach einem derartigen historischen Einschnitt wie in Großbritannien mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Union aussehen muss, wie wir entscheidungsfähiger sein können, was die Themen sind, mit denen wir uns be­schäftigen, und was die Themen sind, mit denen wir uns jedenfalls nicht beschäftigen wollen.

Ich denke aber, man muss im Moment auch realistische Erwartungshaltungen haben. Wir werden den nächsten Rat am 16. September in Bratislava haben, welcher der Be­ginn einer Diskussion über einen solchen Reformprozesses sein wird. Der Prozess wird aber unzweifelhaft lange dauern, viel Geduld erfordern und wird sich damit zu beschäf­tigen haben, wie mitunter diametral unterschiedliche Auffassungen in wesentlichen Poli­tikfeldern unter einen Hut zu bringen sind. Deshalb plädiere ich sehr stark dafür, in die­sen europäischen Diskussionen darauf zu setzen, zunächst einmal die richtigen Priori­täten zu setzen, und das ist eine aktuelle politische Frage, die sich entlang der The­menstellungen Migration, Sicherheit, aber letztendlich auch Arbeitsmarkt/Beschäftigung,


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