insbesondere Jugendarbeitslosigkeit, zu orientieren hat. Wir werden uns zweitens, und da wird auch Österreich eine Rolle spielen müssen, mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir dazu kommen, dass jeder seine Rolle in Europa solidarisch ernst nimmt.
Bratislava wird der Beginn eines Prozesses sein. Es wird, wie ich vermute, dort keine großen Revolutionen geben – das wäre wahrscheinlich nicht zu erwarten –, ich halte das so aber auch für gut, denn wenn wir in diesen Tagen über Europa reden, dann ist das ein Projekt, das eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hat, das unserem Land viel gebracht hat, das dem Kontinent viel gebracht hat und das wahrlich keine politische Havarie ist. Wir verdanken Sicherheit und Stabilität, wir verdanken einen guten Teil unseres Wohlstands dieser europäischen Vereinigung.
Wir haben heute die Situation, dass Europa wohl so etwas wie der meistbewunderte Kontinent auf dem ganzen Planeten ist: Unsere Geschichte, unsere Kultur, unsere wirtschaftliche Stärke haben nach wie vor und ungebrochen enorme Anziehungskraft. Unsere gemeinsame Verantwortung wird es sein, dass das auch so bleibt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
11.05
Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner zu Wort. – Bitte, Herr Vizekanzler.
11.06
Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Regierungsteam! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht hat das Referendum vom 23. Juni drei Komponenten: Die eine Frage betrifft die Beziehung oder die Relation oder die Auswirkungen hinsichtlich Vereinigtes Königreich, die andere Frage betrifft die Konsequenzen für die EU, und das dritte Thema ist sicherlich die Auseinandersetzung mit den Folgen und mit den Vorhaben für Österreich.
Wir haben das schon öfter gehört, aber ich finde es interessant: Im Jahr 1973 ist das Vereinigte Königreich mit 67 Prozent Zustimmung der Europäischen Union beigetreten, und im Jahr 2016 ist mit den bekannten 52 Prozent zumindest die Vorentscheidung für den Austritt gefallen. Viele haben das ja auch zur Gratulation genutzt, um das als Protest gegen die Upperclass in Großbritannien oder auch gegen die EU zu interpretieren. Ich glaube, ihnen allen ist die Gratulation dann schon im Hals stecken geblieben oder sie hätten das wahrscheinlich lieber nicht gesagt, als sie die Folgen – so schnell, wie sie im konkreten Fall eingetreten sind – gesehen haben.
Der Bundeskanzler hat die faktische Abwertung des Pfund schon angesprochen, aber auch die Kontraktion, was die Wirtschaftssituation insgesamt anlangt: Die Experten er-warten schon für dieses Jahr mehr als 1 Prozent Auswirkungen auf das Bruttonationalprodukt. Das wird sich bis zum Jahr 2020 nicht mindern, sondern sogar eher fortsetzen. Allein die Tatsache, dass 800 000 Gäste aus Großbritannien in Österreich Urlaub machen, beeinträchtigt uns schwer, denn das Pfund ist jetzt weniger wert, der Urlaub teurer, vielleicht werden sie nicht kommen. (Abg. Kickl: Die Russen kommen gar nicht mehr!)
Meine Damen und Herren, es ist die Überlegung anzustellen, warum und wieso das passiert ist; es ist vorhin schon darüber geredet worden. Ich denke, der Hintergrund ist sicherlich der, dass die innere Kraft der Idee der europäischen Einheit, die auf das Desaster, auf die Desaster muss man ja sogar sagen, des 20. Jahrhunderts gefolgt ist, sich eigentlich irgendwo erschöpft hat und dass die EU momentan eher als Summe aller Probleme, aller Ängste, aller negativen Emotionen wahrgenommen wird.
Es ist halt sehr verlockend, in diesem Zusammenhang das goldene Zeitalter des Nationalstaats zu beschwören, ohne auf die Kompromissmaschine Brüssel – die manchmal
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