Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 73

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von falschen Versprechungen getragen war – manche Kommentatoren schreiben auch von Lügen –, dann kam das Chaos und dann das feige Davonlaufen.

Das Chaos erleben wir jetzt – der Herr Bundeskanzler hat es bereits angesprochen –, das britische Pfund ist im freien Fall auf einem Tiefststand der letzten Jahrzehnte ange­langt, die Londoner Börse erfährt einen Kurssturz. Das sind ja nicht nur Zahlen, die sich verändern, sondern da werden Werte vor allem für die kleinen Leute, für die Ar­beitnehmer und Arbeitnehmerinnen, für die britischen Arbeiter zerstört. Großbritannien schlittert ungeachtet all dieser Entwicklungen gerade in eine veritable Wirtschaftskrise, und gleichzeitig zeigt sich auch, dass das Vereinigte Königreich offensichtlich in den nächsten Monaten und Jahren zerfallen wird, denn die Schotten wollen hinaus, Gibral­tar will hinaus, Wales diskutiert, ob es hinaus will. All das ist eine Bilanz von Herrn Ca­meron, die ein Desaster ist. Aber wie der Brite so schön sagt: „The proof of the pudding is in the eating“ – jetzt haben wir den Salat hier liegen, so wie er beieinander ist.

Boris Johnson: davongelaufen, Nigel Farage – übrigens der Parteikollege der von der FPÖ so hofierten Frau Atkinson, die vor Kurzem hier in Vösendorf war –: davongelau­fen. Zuerst agitieren sie, dann richten sie das Chaos an, und dann laufen sie feige da­von. So mies agieren Europas Rechtspopulisten, und das ist der wahre Skandal dahin­ter! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

Sie richten einen Scherbenhaufen an, sie zerschlagen das Porzellan, aber wenn es da­rum geht, das zusammenzuräumen, Ordnung in die Sache zu bringen, dann sind sie nicht mehr dabei. Nicht einmal 48 Stunden hat es gedauert, bis sie ihre Lügen widerru­fen haben. Ich nenne nur das Versprechen, dass 350 Millionen Pfund pro Woche in das britische Gesundheitssystem gepumpt werden könnten, würde man doch nicht in der EU sein. 48 Stunden später sagte derjenige, der das versprochen hatte, landauf, landab in Großbritannien: Nein, Entschuldigung, ich habe mich verrechnet, ich habe es so nicht gemeint, es wird so nicht kommen! (Zwischenruf des Abg. Deimek.) – So kann man Europapolitik, so kann man Politik nicht machen!

Wenn wir zur ernsthaften Europapolitik kommen, dann kommen wir als österreichi­sches Parlament zu der Fragestellung: Was braucht Österreich, was braucht Europa? – Wir als Österreich brauchen definitiv ein Europa, das besser funktioniert und das in der Lage ist, den Fokus auf das Wesentliche zu legen.

Was ist das Wesentliche? – Das ist zurzeit aus meiner Sicht, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, Investitionen in die Infrastruktur und ins Wirtschaftswachstum zu fördern, die soziale Dimension der Europäischen Union auszubauen anstatt sie zu beseitigen, wenn man so will, ein Europa der Menschen und nicht ein Europa der Märkte zu schaf­fen.

Auf die Frage, wie es zukünftig weitergeht, gibt es drei Modelle für Europa, nämlich das konservative Modell, das den freien Markt in den Vordergrund stellt und vergisst, dass hinter dem freien Markt auch Menschen sind.

Es gibt das rechtspopulistische Modell, das Europa der Vaterländer (Abg. Strache: Wie war das bei der Veranstaltung für den „kleinen Mann“, bei den Bilderbergern?), und was ein Europa der Vaterländer letztlich bringt, wissen wir, wenn wir auf die sogenannten Hel­denfriedhöfe gehen und uns die Grabinschriften dort anschauen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir Sozialdemokraten sind für den dritten Weg. Der mögliche sozialdemokratische Weg für Europa heißt, den Ausgleich zu schaffen, die Chancen zu stärken, die soziale Di­mension auszubauen und ein Europa der Menschen zu errichten, damit sie die Vorteile der europäischen Integration stärker direkt merken. (Ruf bei der FPÖ: Reine Luftbla­sen!)

 


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