Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 133

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Die Debatte um die "Grundversorgung" mit Sprachkursen und Basisbildungsangeboten wurde auch nun durch die Miteinbeziehung junger Flüchtlinge in die Ausbildungspflicht sichtbar gemacht.

Zukunftsperspektive aus jugendpolitischer Sicht

Durch die Nicht-Einbeziehung werden gesetzlich zwei Gruppen von Jugendlichen ge­bildet: jene, für die die Ausbildungspflicht gilt und der Staat Verantwortung über ihre Aus­bildungsperspektive übernimmt und jene, die durch die Ausbildungspflicht nicht erfasst sind, und der Staat keine Verantwortung übernimmt. Diese Ungleichbehandlung führt zusätzlich zu einer institutionellen Benachteiligung und Unterversorgung dieser Gruppe von Jugendlichen. Dies entspricht auch nicht dem Sinn der im Art. 28 der Kinderrechts­konvention beschriebenen Gleichbehandlung und Zugänglichkeit von Bildungs- und Be­rufsberatung.

Die Stellungnahme der Bundesjugendvertretung macht sichtbar, dass die Zielsetzung der Gruppe der NEETs zu reduzieren durch die Nicht-Einbeziehung von Flüchtlingskin­der untergraben wird: "Eine Nicht-Einbeziehung junger Flüchtlinge in den Geltungsbe­reich würde ansonsten dessen zentrales Ziel – die Reduktion der NEETs – massiv kon­terkarieren, wenn diese in wenigen Jahren jenen nachfolgen, die man jetzt ins System zu integrieren beabsichtigt - und diese zahlenmäßig womöglich weit übertreffen." (Stel­lungnahme BJV, S. 4)

Zukunftsperspektive aus sozialpolitischer Sicht

Eine Zielsetzung der Sozialpolitik ist es Voraussetzungen zu schaffen, dass Menschen ein selbstbestimmtes und selbsterhaltendes Leben ermöglicht. Im Falle von unsicheren Lebensphasen wie Arbeitslosigkeit sichert die Sozialpolitik die Existenz mittels Arbeits­losengelds, Notstandshilfe bzw. auch bedarfsorientierter Mindestsicherung ab.

Um also asylwerbenden jungen Menschen zu ermöglichen eine Perspektive im öster­reichischen Ausbildungssystem zu ergreifen, braucht es eine institutionelle Einbindung um später die Selbsterhaltungsfähigkeit und Nicht-Abhängigkeit von sozialen Transfer­leistungen zu erzielen. Gerade junge Menschen ohne geregelte Tagesstruktur und Per­spektive können auf die schiefe Bahn geraten um dann umso schwerer erreicht werden. Die gesellschaftlichen Folgekosten sind dabei um ein vielfaches höher, als wenn frühzei­tig eine Integration ins Bildungs- und Ausbildungssystem erfolgt.

Die Stellungnahme der Arbeiterkammer stellt die Effekte gut dar: "Andere Effekte sind, dass junge Menschen notgedrungen in undokumentierte, höchst prekäre und kriminelle Beschäftigungs- und Abhängigkeitsverhältnisse gehen und damit weiterhin einer mas­siven Unterdrückung ausgesetzt sind. Internationalen Befunde zeigen, dass junge Frau­en in die Prostitution abgedrängt werden." (Stellungnahme Arbeiterkammer, S. 5)

Zukunftsperspektive aus arbeitsmarktpolitischer Sicht

Das Risiko ohne Sprachkenntnisse oder auch einer Ausbildung nicht im Erwerbsleben Fuß zu fassen und damit langfristig auf Sozialleistungen angewiesen zu sein ist für Bil­dungsabrecherInnen groß: das Risiko arbeitslos zu werden ist doppelt so groß, das Risiko nur eine Hilfsarbeit zu finden ist vierfach so groß und überhaupt in eine Inakti­vität zu rutschen ist siebenfach so groß im Vergleich zu Menschen, die einen Ausbil­dungsabschluss erworben haben (Steiner, 2015). Für Asylwerbende und später Asyl­berechtigte ist demnach eine dauerhafte Erwerbssituation durch die fehlenden Rah­menbedingungen (Anerkennungsverfahren, spezifische AMS-Beratung, etc.) und fehl­enden Voraussetzungen Sprach- und Bildungsangebote in Anspruch zu nehmen deut­lich erschwert. Die Stellungnahmen verdeutlichen dies: "Eine Ausbildung und die damit verbundene Aussicht auf einen Arbeitsplatz trägt maßgeblich zu einer gelingenden In­tegration bei." (Stellungnahme Caritas, S. 3)

 


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