Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 201

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Ich habe im Ausschuss ein paar Beispiele gebracht, und mir konnte niemand beant­worten, ob ein solches Verhalten künftig strafbar ist oder nicht:

Menschen stehen vor einem Lokal und rauchen. Jemand kommt nicht an ihnen vorbei und muss die Straßenseite wechseln; er ärgert sich. Also jemand setzt ein Verhalten – das muss gar nicht besonders rücksichtlos sein, es genügt, wenn es gedankenlos ist –, dieses ist geeignet, dass sich jemand darüber ärgert, und es beeinträchtigt die öffent­liche Ordnung, weil die Gehsteigseite gewechselt wird; das genügt nach der Definition des Verwaltungsgerichtshofs.

Strafbar oder nicht strafbar? Nach dem nunmehrigen Gesetz möglicherweise schon strafbar; absurd.

Oder: Ein Schanigarten wird schlampig aufgestellt, ein Autofahrer parkt schlecht, ein Trafikant stellt einen Werbeständer auf – ein Verhalten wird gesetzt. Eine Mutter oder ein Vater mit einem Kinderwagen kommt deswegen am Gehsteig nicht vorbei. Das ist wahrscheinlich sogar ein nachvollziehbares Ärgernis, weil sie/er die Straßenseite wech­seln muss – es wird das öffentliche Verhalten beeinträchtigt.

Strafbar oder nicht strafbar? Nach dem Wortlaut des Gesetzes strafbar.

Oder, letzter Punkt: Jemand, der es mit der Körperhygiene nicht so genau nimmt, steigt in die U-Bahn ein – er setzt ein Verhalten. Die öffentliche Ordnung ist gestört, und ein berechtigtes Ärgernis ist es wahrscheinlich nach diesem Gesetz auch.

Das sind keine absurden Beispiele, sondern das Gesetz, durch das solche Beispiele denkbar sind, ist absurd.

Die Universitätsprofessorin Reindl-Krauskopf hat gesagt, dieses Gesetz ist ein Rück­schritt. Man könnte es auch anders sagen: Es ist schwammig. Und es macht für die Anwender, nämlich die Polizei, aber auch Bürgerinnen und Bürger, insofern Probleme, als nicht klar ist, was strafbar ist und was nicht. Die Qualität von Verwaltungsstrafge­setzen, von allen Gesetzen, aber besonders von Strafgesetzen, liegt darin, dass die Bür­gerinnen und Bürger, aber auch die Polizei klar wissen: Das ist erlaubt, und das ist nicht erlaubt.

Zweiter Punkt, die oft diskutierte Frage der Beobachtung von Amtshandlungen der Poli­zei: Klar ist, wer eine Amtshandlung stört – das war die alte Gesetzeslage –, wird mit einer Wegweisung rechnen müssen. Jetzt geht man etwas weiter und sagt – und auch das ist wieder ein schwammiger Begriff –, wer sich aggressiv verhält, kann weggewie­sen werden.

Wo beginnt aggressives Verhalten? Wo endet aggressives Verhalten? Es ist schon ein Unterschied, ob eine Amtshandlung gestört oder beobachtet wird. Zweiteres muss im Sinne der Transparenz in der Demokratie möglich sein, solange sie nicht gestört wird. Daran anzuknüpfen, dass das möglicherweise schon aggressives Verhalten ist, halte ich für problematisch, weil Amtshandlungen, die korrekt durchgeführt werden, von der Öffent­lichkeit nicht abgeschottet werden müssen.

Der Herr Minister hat dann zu mir im Ausschuss gesagt: Sie können sich gar nicht vor­stellen, wie schwierig Amtshandlungen oft sind, am Praterstern werden die Polizisten attackiert! – Das mag richtig sein, nur hat das nichts mit aggressivem Verhalten zu tun, sondern da ist längst die Strafbarkeitsschwelle nach dem Strafgesetzbuch überschrit­ten, weil da entweder Widerstand gegen die Staatsgewalt vorliegt oder möglicherweise sogar Körperverletzung. Diese Beispiele greifen also alle nicht, weil ja schon viel früher weggewiesen wird.

Ich sage: Im Kern habe ich schon den Verdacht, dass es darum geht, dass Amtshand­lungen von unangenehmen Beobachtungen abgeschottet werden, und das halte ich in einer Demokratie für falsch. Das Stören einer Amtshandlung geht nicht, das ist klar,


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