Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll142. Sitzung / Seite 89

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dauerlich ist für mich – oder für uns – auch, dass diese sehr ernsten Fragen des Umgangs Österreichs mit internationalen Krisen, die sehr relevanten Fragen, wie wir die Situation in der Türkei einschätzen, wie wir die Situation in Italien und in Griechen­land einschätzen, welche Verbesserungsmöglichkeiten es für die Hilfe vor Ort gibt, was unsere Beiträge sind, um insbesondere die Lage der eingeschlossenen Stadt Aleppo in irgendeiner Form zu verbessern und all das Elend der Menschen und der Kinder dort zu beenden, wie die Europäische Union als Ganzes mit den Krisen rund um unsere Grenzen umgeht, dass also all diese sehr relevanten Fragen – und da kann man ganz unterschiedliche Zugänge haben – von Ihnen ausschließlich auf die Frage nach Zäunen und nationalen Grenzen reduziert werden, und dass auch die Fragen von Arbeitsmarkt, Integration, Schule und Bildung ausschließlich mit einer einzigen Antwort bedacht werden, nämlich: Wir lassen einfach alle Ausländerinnen und Ausländer weg, wir deportieren de facto alle Flüchtlinge wieder ins Ausland, und damit sind alle Probleme gelöst! Das ist ein sehr, sehr kleiner Zugang, und das wird den Problemen, die wir in diesen Bereichen haben – und die hatten wir auch schon vor der Flüchtlings­krise –, in keiner Weise gerecht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Walter Rosenkranz: Die kleine Partei hat große Lösungen, die große Partei hat kleine Lösungen!)

Ich möchte aber an die österreichische Bundesregierung auch ein paar kritische Worte richten: Herr Bundeskanzler, Sie haben einiges gesagt, was ich auch aus vollem Her­zen unterstützen kann, aber das, was tatsächlich hier passiert, ist, dass Sie im Moment an einer Notverordnung arbeiten, die de facto die Fiktion voraussetzt, wir hätten einen Notstand im Gesundheitssystem, wir hätten einen Notstand am Arbeitsmarkt, wir hätten einen Notstand im Bildungssystem, um damit österreichische Gesetze, europä­ische Gesetze, internationale Verträge außer Kraft zu setzen. (Widerspruch bei der FPÖ.)

Was mich wirklich auch etwas traurig gemacht hat, ist, dass die 14 000 Flücht­lings­kinder in den österreichischen Schulen – viele davon sind nach einem Jahr keine außerordentlichen Schüler mehr, viele von ihnen leisten innerhalb von ganz wenigen Monaten Außerordentliches, integrieren sich, erlernen ganz wunderbar und in einer sehr schnellen Art und Weise Deutsch, integrieren sich auch in den Klassen (Beifall bei den Grünen) – für die Begründung Ihrer Notverordnung hergenommen werden, um von einem Notstand in den Schulen zu sprechen. Das finde ich wirklich erbärmlich. Also wenn man hier den Notstand diskutieren will, kann man das gerne tun, aber bitte lassen Sie wirklich die Schulkinder und die Flüchtlingskinder aus dem Spiel! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gerade die Zuständigen in Wien haben natürlich den größten Druck und die größte Herausforderung. Sandra Frauenberger sagt, dass von einem Notstand keine Rede sein kann. Unterstützen wir diese Politikerinnen und Politiker, Lehrerinnen und Lehrer, diese Familien, auch die Ehrenamtlichen, die da mitarbeiten, aber missbrauchen wir sie nicht für den Notstand in der Schule! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Der hat nämlich ganz andere Ursachen; den gab es vorher, den gibt es jetzt noch – und da warten wir im Übrigen sehr dringend auf die Reformen Ihrer Bildungsministerin. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Arbeitsmarkt: Selbstverständlich haben wir da auch beobachtet, dass es jetzt die Einsicht gibt, dass das Arbeitsmarktservice mehr Mittel braucht. Das ist gut so, wir haben lange darauf gewartet. Seit Jahresbeginn weisen wir darauf hin, dass da mehr Mittel notwendig sind. Wir weisen auch immer wieder darauf hin, dass eine Reihe von anderen Maßnahmen die Situation noch maßgeblich entschärfen könnte. Dazu gehört in erster Linie auch eine vernünftige Steuerreform. Wir diskutieren das mittlerweile seit einem Jahrzehnt, um die Belastung insbesondere der Arbeit in Form einer intelligenten Steuerreform, die auf der einen Seite auch eine ressourcenschonendere Steuerreform


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