Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 19

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Der ORF ist also limitiert, muss befreit werden und sollte nicht den Weg gehen, der Fragmentierung der Medienlandschaft dahin gehend Rechnung zu tragen, dass er selbst immer mehr Angebot schafft und in die Breite geht, er sollte sich stattdessen vertiefen und auf die Produktion öffentlich-rechtlicher Inhalte fokussieren.

Das ist sozusagen der Innendruck, dem der ORF ausgesetzt ist. Dem gegenüber steht der Außendruck, dem der ORF jetzt ausgesetzt ist und, wenn sich punkto Gebühren nichts tut, immer stärker ausgesetzt sein wird.

Der ORF ist politisch und ökonomisch marktverzerrend. Das ist ein Faktum, das hof­fentlich niemand hier in Abrede stellen wird. Die politische Marktverzerrung haben wir in den letzten Wochen beziehungsweise in den letzten beiden Monaten bei der Wahl des neuen Generaldirektors und bei der Bestellung der neuen Direktorinnen und Direk­toren mitbekommen. Wir fordern hier um nichts mehr als die parteipolitische und politi­sche Unabhängigkeit des ORF durch eine Gremienreform. Es ist gar nicht so schwie­rig, das zu bewerkstelligen. Es gibt einen Stiftungsrat, der jetzt mit Freundeskreisen durchsetzt ist. Man könnte diesen Stiftungsrat einfach parteipolitisch unabhängig be­setzen, verkleinern, das Modell des ORF an jenes einer AG anlehnen – mit einem Auf­sichtsrat – und dabei dafür sorgen, dass Parteipolitik weitgehend herausgehalten wird. Solche Kleinigkeiten wie das Anhörungsrecht der Landeshauptleute gehören natürlich auch abgeschafft.

Die ökonomische Verzerrung, die der ORF dadurch in den Markt trägt, dass er mit zir­ka 1 Milliarde € Umsatz das größte Medienhaus des Landes ist, ist, so denke ich, auch etwas, das ohne viel Widerrede hingenommen werden wird. Er führt durch seine Größe natürlich automatisch zu einer marktverzerrenden Stellung. Er lukriert mit zirka 600 Mil­lionen € pro Jahr einen Großteil seines Umsatzes durch Gebühren und nimmt außer­dem noch bis zu einem Drittel der Gelder aus dem Werbemarkt heraus.

Wenn wir heute ein staatliches Medienhaus entwerfen würden – auf diese Idee kommt ja gar niemand –, dann würde man sicher nicht so etwas wie den ORF in seiner jet­zigen Form konzipieren, aber es ist immer ein guter Reality Check, sich diese Frage zu stellen: Brauchen wir ein staatliches Medienhaus, und was soll dieses staatliche Me­dienhaus leisten? – Früher war das gemeinschaftlich eben Fernsehen, heute ist es die Produktion von Public Value. Das sagt im Übrigen auch die Wissenschaft. Professor Karmasin meint, der Medienmarkt ist einer, der für Marktversagen sehr typisch ist. Die­se Aussage kann man einerseits entgegennehmen, die kann man aber natürlich auch selbst hinterfragen und challengen.

Die Frage ist: Ist ein Medienmarkt ohne Medienförderung nicht auch möglich? – So weit wollen wir gar nicht gehen, sondern wir nehmen diese Arbeitshypothese an, die auch in vielen anderen europäischen Ländern als Grundlage einer Medienförderung dient, und arbeiten einfach damit. Wir sagen: Wenn wir schon Geld in diesen Markt ste­cken, dann soll er das liefern, was wir für den demokratischen Diskurs als Grundlage brauchen, das heißt öffentlich-rechtlicher Mehrwert, mit Betonung auf Mehrwert, den an­geblich Private nicht herstellen können.

Wenn der ORF jetzt sagt, er braucht mehr Gebühren und dabei handelt es sich gar nicht um eine Erhöhung, sondern um eine Valorisierung, dann muss ich leider sagen, dass der ORF da nicht ganz bei der Wahrheit bleibt, denn wenn wir uns die Ent­wicklung der ORF-Gebühren im Verlauf der letzten zehn Jahre ansehen (ein Balken­diagramm mit der Überschrift „Entwicklung Gebühreneinnahmen 2006-2016“ vor sich auf das Rednerpult stellend), dann sehen wir, dass der Teil, den der ORF bekommt, ansteigt – das sind die roten Balken. Der sich darüber befindende gelbe Anteil, der ein bisschen aussieht wie Palmöl, der fließt nicht dem ORF aus der GIS-Gebühr zu. Be­sagter unterer Teil in Rot unterliegt einer Steigerung von zirka 12 Prozent in den letzten fünf Jahren und zirka 30 Prozent in den letzten zehn Jahren. Das ist deutlich über der


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