Der ORF ist also limitiert, muss befreit werden und sollte nicht den Weg gehen, der Fragmentierung der Medienlandschaft dahin gehend Rechnung zu tragen, dass er selbst immer mehr Angebot schafft und in die Breite geht, er sollte sich stattdessen vertiefen und auf die Produktion öffentlich-rechtlicher Inhalte fokussieren.
Das ist sozusagen der Innendruck, dem der ORF ausgesetzt ist. Dem gegenüber steht der Außendruck, dem der ORF jetzt ausgesetzt ist und, wenn sich punkto Gebühren nichts tut, immer stärker ausgesetzt sein wird.
Der ORF ist politisch und ökonomisch marktverzerrend. Das ist ein Faktum, das hoffentlich niemand hier in Abrede stellen wird. Die politische Marktverzerrung haben wir in den letzten Wochen beziehungsweise in den letzten beiden Monaten bei der Wahl des neuen Generaldirektors und bei der Bestellung der neuen Direktorinnen und Direktoren mitbekommen. Wir fordern hier um nichts mehr als die parteipolitische und politische Unabhängigkeit des ORF durch eine Gremienreform. Es ist gar nicht so schwierig, das zu bewerkstelligen. Es gibt einen Stiftungsrat, der jetzt mit Freundeskreisen durchsetzt ist. Man könnte diesen Stiftungsrat einfach parteipolitisch unabhängig besetzen, verkleinern, das Modell des ORF an jenes einer AG anlehnen – mit einem Aufsichtsrat – und dabei dafür sorgen, dass Parteipolitik weitgehend herausgehalten wird. Solche Kleinigkeiten wie das Anhörungsrecht der Landeshauptleute gehören natürlich auch abgeschafft.
Die ökonomische Verzerrung, die der ORF dadurch in den Markt trägt, dass er mit zirka 1 Milliarde € Umsatz das größte Medienhaus des Landes ist, ist, so denke ich, auch etwas, das ohne viel Widerrede hingenommen werden wird. Er führt durch seine Größe natürlich automatisch zu einer marktverzerrenden Stellung. Er lukriert mit zirka 600 Millionen € pro Jahr einen Großteil seines Umsatzes durch Gebühren und nimmt außerdem noch bis zu einem Drittel der Gelder aus dem Werbemarkt heraus.
Wenn wir heute ein staatliches Medienhaus entwerfen würden – auf diese Idee kommt ja gar niemand –, dann würde man sicher nicht so etwas wie den ORF in seiner jetzigen Form konzipieren, aber es ist immer ein guter Reality Check, sich diese Frage zu stellen: Brauchen wir ein staatliches Medienhaus, und was soll dieses staatliche Medienhaus leisten? – Früher war das gemeinschaftlich eben Fernsehen, heute ist es die Produktion von Public Value. Das sagt im Übrigen auch die Wissenschaft. Professor Karmasin meint, der Medienmarkt ist einer, der für Marktversagen sehr typisch ist. Diese Aussage kann man einerseits entgegennehmen, die kann man aber natürlich auch selbst hinterfragen und challengen.
Die Frage ist: Ist ein Medienmarkt ohne Medienförderung nicht auch möglich? – So weit wollen wir gar nicht gehen, sondern wir nehmen diese Arbeitshypothese an, die auch in vielen anderen europäischen Ländern als Grundlage einer Medienförderung dient, und arbeiten einfach damit. Wir sagen: Wenn wir schon Geld in diesen Markt stecken, dann soll er das liefern, was wir für den demokratischen Diskurs als Grundlage brauchen, das heißt öffentlich-rechtlicher Mehrwert, mit Betonung auf Mehrwert, den angeblich Private nicht herstellen können.
Wenn der ORF jetzt sagt, er braucht mehr Gebühren und dabei handelt es sich gar nicht um eine Erhöhung, sondern um eine Valorisierung, dann muss ich leider sagen, dass der ORF da nicht ganz bei der Wahrheit bleibt, denn wenn wir uns die Entwicklung der ORF-Gebühren im Verlauf der letzten zehn Jahre ansehen (ein Balkendiagramm mit der Überschrift „Entwicklung Gebühreneinnahmen 2006-2016“ vor sich auf das Rednerpult stellend), dann sehen wir, dass der Teil, den der ORF bekommt, ansteigt – das sind die roten Balken. Der sich darüber befindende gelbe Anteil, der ein bisschen aussieht wie Palmöl, der fließt nicht dem ORF aus der GIS-Gebühr zu. Besagter unterer Teil in Rot unterliegt einer Steigerung von zirka 12 Prozent in den letzten fünf Jahren und zirka 30 Prozent in den letzten zehn Jahren. Das ist deutlich über der
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite