Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 95

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Ich komme aber noch einmal auf den Verfassungsgerichtshof zu sprechen. Ich halte mich auch hinsichtlich der Wahlkarten an das, was der Verfassungsgerichtshof gesagt hat. Der Verfassungsgerichtshof hat eindeutig gesagt: Die Briefwahl ist zulässig, weil sie zusätzliche Möglichkeiten schafft, zu wählen – möglicherweise für Auslandsöster­reicher oder für andere, das ist gut –, aber – und jetzt kommt es – es muss die Ausnah­me sein.

Was aber nun passiert, ist genau das Gegenteil: Man versucht, das immer mehr aus­zuweiten und immer mehr Menschen in diese aus demokratiepolitischen Überlegungen sehr kritische Form des Wählens zu drängen. Das ist wirklich ein Problem, noch dazu, wenn man weiß, dass diese Kuverts auch schon bei der letzten Wahl im Einsatz waren. Ich habe es vorgezeigt, Sie wissen, dass man diese Kuverts seitlich öffnen und wieder verschließen kann.

Und nun haben wir diese Situation. Da bin ich genau bei dem, was Sie gesagt haben. Sie haben behauptet, dass der Verfassungsgerichtshof keine Hinweise für Manipula­tionen gefunden hat. (Abg. Brosz: Hat er wörtlich gesagt!) Nur: Er hat gar nicht danach gesucht (Abg. Brosz: Selbstverständlich!), und zwar deswegen nicht, weil er gesagt hat, dass er es nicht herausfinden konnte.

Wenn jemand, der nicht dafür zuständig ist (Zwischenrufe des Abg. Brosz), sich mit den Kuverts in der Hand in ein Extrazimmer zurückzieht und nach einigen Stunden mit einem Ergebnis auf einem Zettel wieder herauskommt, wie wollen Sie denn dem Mani­pulation nachweisen?

Wenn der – wir wissen ja von den ÖVP-Sympathisanten, dass viele weiß gewählt ha­ben (Zwischenruf des Abg. Steinhauser) – ganz allein, ohne die gesetzlich vorge­schriebene Kontrolle in diesem Kammerl sitzt, vor sich diese Stimme hat, die weiß ist – viele ÖVPler haben ja gesagt, dass sie weiß gewählt haben –, und mit einem Stift einfach irgendwo ein Kreuz macht, wie wollen Sie das nachweisen? Wie soll der Ver­fassungsgerichtshof da dahinterkommen? Oder: Wie soll er bei diesen Auf-Zu-Kuverts dahinterkommen, wenn die die ganze Nacht in einem nicht versperrten Kammerl lie­gen – auf, raus, rein, zu – und am nächsten Tag ausgezählt wird? (Zwischenruf bei den Grünen.)

All diese Dinge sind ein Problem. Und wenn der Verfassungsgerichtshof sagt, es geht nicht darum, ob tatsächlich manipuliert wurde – das konnte man ja nicht nachweisen –, sondern darum, dass es möglich war, dann sind wir bei dem Punkt, wo man sagen muss: Wenn es möglich war, dass hätte manipuliert werden können, dann muss diese Wahl wiederholt werden. – Punkt.

Das ist auch gut so, denn letztlich muss sich der Bürger darauf verlassen können, dass das, was er gewählt hat, sich auch tatsächlich im Ergebnis widerspiegelt. Das war aber jetzt nicht der Fall – nicht bei 1 000 Stimmen, nicht bei 10 000 Stimmen, sondern bei Hunderttausenden Stimmen war das nicht der Fall, hat der Verfassungsgerichtshof ge­sagt. Sie wissen, der Abstand war ja nur bei 35 000 Stimmen, womit auf jeden Fall … (Abg. Brosz: Bei 100 000 hat er gesagt?)

Bei Hunderttausenden (Abg. Brosz: Hat er gesagt?) war es theoretisch möglich, dass manipuliert … (Abg. Brosz: Hat er gesagt?) – Natürlich, lesen Sie es durch! Genau das ist das Problem, und deshalb haben wir diese Wahlwiederholung. Was wir aber nicht haben: Wir haben die Wahl nicht zu den Bedingungen, die der Verfassungsge­richtshof ganz klar festgelegt hat. Wenn Sie die Urteile des Verfassungsgerichtshofes mit Ihrer Mehrheit aushebeln, dann ist das eine Tür, die ich besser nicht offen haben will. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Rädler: Spärlicher Applaus!)

13.51

 


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