Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 97

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Das hätte überhaupt kein Bürger und keine Bürgerin mehr verstanden, genauso we­nig – das ist das, was ich bei der FPÖ nicht verstehe – wie die Behauptung, man kön­ne diese Wahl noch ordnungsgemäß durchführen, wenn die Kuverts sich an allen Stel­len von selbst öffnen. Lassen wir noch außer Acht, ob es die gesetzliche Grundlage dafür gibt, aber der Austausch ist schon zeitlich für die Auslandsösterreicher gar nicht möglich gewesen. Wie erklären wir Menschen, die mitwählen wollen, dass sie nicht mit­wählen können, weil die Fristen den Austausch der Wahlkuverts nicht zulassen? Das ist einfach nicht erklärbar und der Demokratie abträglich. (Abg. Mölzer: … in einer Wo­che Kuverts verschicken!)

Das ist der Punkt, wo bei der FPÖ eine Doppelbödigkeit beginnt – ich nehme Doppel­bödigkeit zurück und sage, wo die FPÖ widersprüchlich wird –: Auf der einen Seite – das ist ihr legitimes Recht – ficht sie eine Wahl wegen Formmängeln an, auf der an­deren Seite stellt sie sich heute her und sagt: Ganz offensichtliche Formmängel sind kein Grund, eine Wahl zu verschieben! – Das ist eine Doppelbewertung, die so nicht haltbar und nicht nachvollziehbar ist. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Meine These, die ich dahinter sehe, ist: Sie stimmen halt schlicht nicht zu, damit Sie weiterhin Ihre Mythen und Verschwörungstheorien verbreiten können, indem Sie von wirklichen Gründen einer Wahlverschiebung sprechen – so wie es Kollegin Steger ge­macht hat.

Der zweite Punkt betrifft Ihre Vorschläge hinsichtlich behinderter und älterer Menschen. Ich zitiere Sie korrekt – wie auch Kollegin Glawischnig Sie korrekt zitiert hat –, weil es mir um eine seriöse Debatte geht (Zwischenruf der Abg. Steger – Abg. Peter Wurm: Hat sie nicht!): Sie wollen eine gerichtliche Überprüfung des Wahlrechts mit einem Gut­achter. – Das war die Forderung, die mehrfach geäußert wurde.

Das ist aus vielen Gründen hoch problematisch. Beginnen wir einmal mit dem ersten Punkt! Es gibt Menschen, die nur temporär beeinträchtigt sind. Man stelle sich vor, de­nen wird das Wahlrecht genommen, dann ändert sich ihr Zustand und niemand fühlt sich dafür zuständig, diesen Zustand zu überprüfen. (Abg. Stefan: Und das gilt dann für alle anderen Dinge auch!) Wir reden von 50 000 besachwalteten Personen, das sind keine kleinen Gruppen. (Zwischenruf des Abg. Stefan.)

Ein anderes Beispiel: Sie sagen, das kann ein Gutachter einfach klären. Das heißt: In letzter Konsequenz entscheidet ein Gutachter über das Bürgerrecht Wahlrecht. (Abg. Stefan: … Geschäftsfähigkeit an sich!) Wenn ich mir die Debatten über die Qualität von Gerichtsgutachten anschaue, dann wird mir angst und bang, dass Gerichtsgutachten über so sensible Bereiche wie das Wahlrecht entscheiden. (Abg. Stefan: Der kann kei­nen einzigen Vertrag abschließen!)

Wo immer wir auch hinschauen – das beginnt bei Berufsunfähigkeitspensionen oder beim Pflegegeld und geht weiter zu Haftentlassungen, Sachwalterschaften oder Scha­denersatzverfahren –, es sind immer Gerichtsgutachter und ihre umstrittenen Gutach­ten im Vordergrund. (Abg. Stefan: Das ist ein Problem der Sachwalterschaft an sich!)

Und Sie wollen diese mangelnde Qualität, die mittlerweile nur mehr von ganz wenigen in der Justiz geleugnet wird, ignorieren, und sagen, dass nun auch noch dieser heikle Bereich des Wahlrechts von Gutachtern, die allerorts für Diskussionen sorgen, begut­achtet werden soll?! (Abg. Stefan: Wollen Sie die Sachwalterschaft abschaffen?) Das ist ein Weg, den wir nicht gehen können. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Sche­rak.) Es gibt klare Regeln, wer wählen kann und darf. Es gibt klare Regeln, wie damit umzugehen ist, wenn gegen dieses Recht verstoßen wird.

Richtig ist, dass wir nicht wollen, dass falsche Personen für Alte und Kranke abstim­men. Aber es gibt klare Regeln. (Abg. Stefan: Aber die Geschäftsfähigkeit kann man wegnehmen?) Es ist strafrechtlich auch verboten. Und es hat – weil Sie auch immer


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