Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 106

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14.26.17

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Haider, es ist leider vieles falsch, was Sie sagen. (Abg. Haider: „Ja“!) Die 950 Millionen € Berichtigungen sind nicht durch den Rechnungshof vorge­nommen worden, sondern circa ein Drittel davon durch den Rechnungshof, zwei Drittel durch die Ressorts selbst. Womit Sie aber recht haben, ist, dass es dem Finanzminis­ter natürlich freistünde, an der Debatte teilzunehmen. Das ist aber seine Entscheidung, ob er daran teilnimmt oder nicht. (Abg. Haider: Schön für den Minister!) Im Budgetaus­schuss hat er ja daran teilgenommen.

Ich habe allerdings geglaubt, dass Sie jetzt herauskommen und uns den Anteil der ka­tastrophalen blauen Politik in Kärnten am Schuldenstand der Republik erklären. Ich habe gedacht, dass doch endlich einmal einer herauskommt und Verantwortung für das Desaster der Hypo übernimmt. Wir haben im Untersuchungsausschuss ja klar ge­se­hen, wo die Verantwortung am Desaster liegt. Das ist bei den Freiheitlichen in Kärnten! (Abg. Neubauer: Ist das das, wo Sie die Berichte angefordert haben? Sind Sie da nicht angezeigt worden?) Ich dachte mir, dass endlich einmal einer herauskommt und das anerkennt und sagt: Ja, das war unser Fehler! Diese – am Ende des Tages, wir wissen es nicht – 8 oder 9 Milliarden €, ja, die haben wir als Freiheitliche zu verantworten! – Aber wieder eine Chance vergeben, ich warte noch immer darauf, dass es passiert. (Bei­fall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

Ich glaube, wir sollten auch einfach allgemein über die wirtschaftliche Situation in Ös­terreich und vor allem auch über die wirtschaftliche Situation in der Europäischen Uni­on reden. Wir können die Europäische Union nur auf einen neuen Pfad bringen, wenn wir Investitionen ankurbeln und die Konjunktur damit beleben. Dafür braucht es aber das Zusammenspiel der europäischen Institutionen und der nationalen Regierungen. Wir brauchen mehr Wachstum, und zwar jene Art von Wachstum, das, wie die Gezei­ten am Meer, alle Boote hebt und nicht nur ein paar Jachten.

Ja, ich bin für die Verdoppelung des Juncker-Fonds nach einer entsprechenden Eva­luierung der ersten Phase, ob das gut funktioniert. Aber ich bin mir unklar, ob es wirk­lich reicht, den – unter Anführungszeichen – „nur“ zu verdoppeln.

Mit dem Juncker-Fonds haben wir in Europa ein Modell gefunden, das es erlaubt, öf­fentliche Mittel durch privates Geld zu hebeln, eine bessere Verzahnung von europäi­scher Geld- und Fiskalpolitik könnte weitere Spielräume schaffen. Das ist auch drin­gend notwendig, denn die zögerliche Fiskalpolitik auf europäischer Ebene und auch auf nationaler Ebene hat den entschlossenen Interventionen der EZB viel von ihrem Poten­zial genommen.

Die wesentliche Ursache der nachhaltigen Krise in Europa ist das niedrige Investitions­niveau. Die Ökonomen Stephany Griffith-Jones und Giovanni Cozzi haben das in ei­nem jüngst erschienenen Buch eindrucksvoll vorgerechnet: „Der Niedergang der Inves­titionsquote in Relation zum Bruttoinlandsprodukt war gerade in der südlichen Euro­zone dramatisch, sie sank von 21,7 Prozent im Jahr 2007 auf 14 Prozent im Jahr 2014. In Großbritannien war dieser Fall ähnlich scharf, von 15,9 Prozent 2007 auf 11 Prozent 2012 (…). Wenn man eine Investitionsquote von 19 bis 21 Prozent als durchschnittlich und normal setzt, dann zeigt sich, dass auch in den Ländern, die einigermaßen gut durch die Krise kamen, die Investitionen eher mager waren. Sogar in Deutschland lag der Wert 2014 gerade einmal bei 17,5 Prozent.“

Der industrielle Sektor ist aber die Quelle von Innovation und die Basis stabiler öko­nomischer Entwicklung in Europa. Das wissen wir gerade in Österreich besonders, weil uns diese starke Industrie natürlich in der Krise sehr gut geholfen hat.

Wir sollten uns daher keine weitere Schwächung der europäischen Industrie leisten, aber genau diese Investitionsschwäche kostet den industriellen Sektor viel an zukünfti-


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