Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 119

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keine Rücksicht auf demokratische Entscheidungsprozesse. Er führt auch nicht, so wie wir erst jetzt wieder gesehen haben, zu einer fairen Steuerleistung derjenigen, die oft­mals auch am meisten davon profitieren. Wir haben daher sicherzustellen, dass all dies geschieht.

Das heißt, unsere Aufgabe ist es, zu schauen, dass politische Gestaltungsspielräume größer werden und nicht eingeengt werden, denn dies ist eine grundsätzliche Voraus­setzung dafür, dass wir den Herausforderungen einer globalisierten Welt auch begeg­nen können. Die Balance darf sich nicht zugunsten globaler Konzerne und zulasten de­mokratischer Entscheidungen verschieben. (Abg. Pirklhuber: Dann gibt es keine Un­terzeichnung!)

All dies gilt auch für CETA, denn – ich möchte das hier klarstellen : Wir sind natürlich für den globalen Handel, wir sind für eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehung mit Kanada als wichtigem Partner und gutem Freund. Mit Kanada verbindet uns oftmals mehr, als uns trennt. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Gerade hier gäbe es eine große Chance, auf gemeinsamen Grundprinzipien aufzubauen und Vorbild dafür zu sein, den Welthandel sozial und gerecht zu gestalten.

Bei unserer Entscheidung, sehr geehrte Abgeordnete, nämlich ob Österreich diesem Ab­kommen zustimmen soll oder nicht, haben wir als Politik auch die Aufgabe, die Chan­cen und Risiken abzuwägen. (Abg. Peter Wurm: Vertrag ist fertig!) Vor dem Hinter­grund der kritischen Haltung weiter Teile der Bevölkerung und vieler kritischer Be­schlüsse – im Bund, in den Ländern, in den Gemeinden – müssen wir uns mit den Risi­ken besonders intensiv auseinandersetzen. (Abg. Peter Wurm: Vertrag ist ausverhan­delt, Frau Kollegin!) Das ist im Übrigen kein Populismus, sondern das zeigt politisches Verantwortungsbewusstsein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Bezüglich der Chancen sagen Experten, dass CETA einen positiven Beitrag zum BIP der EU leisten kann. Die Europäische Kommission geht allerdings von einem Effekt in der Größenordnung von 12 Milliarden € aus. Das entspricht im Grunde genommen ja etwas weniger als 0,1 Prozent des BIP der EU, das heißt, selbst unter dieser Annah­me, im besten Fall, geht es um ein geringes Ausmaß.

Die Frage nach den Risiken ist wesentlich komplexer, denn die Risiken lassen sich nicht einfach so leicht quantifizieren. Die Frage ist eher, ob die Grundprinzipien, die ich Ihnen dargelegt habe, erfüllt werden oder ob in realistischen Szenarien die Gefahr be­steht, dass diese ausgehöhlt werden. Auch wenn CETA eine Weiterentwicklung im Vergleich zu früheren Abkommen darstellt – wie beispielsweise das Grundprinzip, das Recht des Staates auf regulatorische Maßnahmen, oder es gibt ja auch eigene Kapitel zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit –, gibt es durchaus nachvollziehbare Be­denken, die sich auf drei wesentliche Bereiche konzentrieren: erstens, den Investitions­schutz und den darin enthaltenen Streitbeilegungsmechanismus; zweitens, den Schutz der Daseinsvorsorge; drittens, die Durchsetzung der im Vertrag enthaltenen Prinzipien im Bereich der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit.

Lassen Sie mich kurz ausführen: Im Bereich des Investitionsschutzes müssen wir uns schon die Frage stellen, ob beziehungsweise unter welchen Bedingungen wir zulassen möchten und können, dass Investoren jenseits der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Mög­lichkeit eingeräumt wird, Staaten zu klagen.

Wir dürfen jedenfalls nicht zulassen, dass Staaten regulatorische Maßnahmen im Inter­esse der Bevölkerung nicht setzen können oder nicht mehr wollen, weil das Risiko zu hoher Schadenersatzforderungen und Schadenersatzzahlungen diese Vorhaben hemmt.

Wir sehen diese Frage daher auch als einen ganz zentralen Punkt, als einen der ganz wesentlichen Bereiche des Abkommens (Abg. Pirklhuber: Das ist deutsche Posi­tion …!), über die jedenfalls hier im Hohen Haus beraten und entschieden werden muss.

 


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