Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 120

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Im Bereich der Daseinsvorsorge muss immer gelten, dass gesetzte Liberalisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen nicht unumkehrbar sind, denn gerade die Daseins­vorsorge ist eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für soziale Gerechtigkeit und Teilhabe in unserer Gesellschaft.

Zum dritten Bereich, nämlich der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit: Viele Kri­tiker sind skeptisch, ob das Abkommen tatsächlich einen Beitrag zur effektiven Durch­setzung der geforderten Standards leisten kann. Es stellt sich natürlich die Frage, wa­rum eigentlich im Investitionsschutz zusätzliche Maßnahmen geschaffen werden (Ruf bei der SPÖ: Genau!), um Interessen durchzusetzen, während in anderen Bereichen aber auf solche Maßnahmen verzichtet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! In diesen kriti­schen Bereichen, die ich jetzt genannt habe, muss es daher zu wesentlichen Verbes­serungen kommen, bevor es auf europäischer Ebene zu einer Entscheidung über den Vertrag kommt. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.19


Präsidentin Doris Bures: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Klubobmann Mag. Schieder zu Wort. Die Redezeit beträgt 5 Mi­nuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


15.20.02

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Einerseits ist es eine wichtige Debatte, ande­rerseits ein recht ungünstiger Zeitpunkt, denn vor 20 Minuten hätte ja das Treffen der kanadischen Handelsministerin mit allen Abgeordneten stattfinden sollen beziehungs­weise hat dieses auch begonnen. Ich meine, dass es notwendig und auch wichtig ist, mit der Kollegin aus Kanada zu diskutieren – aber so ist das eben. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Kogler.)

Betreffend die Enttäuschung des Kollegen Kogler darüber, dass jetzt nicht Vizekanzler Mitterlehner da ist, muss ich sagen: Das hängt halt davon ab, an wen man die Anfrage stellt. Wenn er Vizekanzler Mitterlehner hätte sehen wollen, hätte er die Anfrage auch an ihn stellen können und müssen – aber das ist ja an sich auch egal, denn es geht ja um die Inhalte.

Kommen wir zum Inhalt. Erster Punkt: Die große Frage, die hinter der CETA- und TTIP-Debatte steht, ist ja in Wirklichkeit: Wie wollen wir in Zukunft die Globalisierung gestalten? – Es gibt zwei Ansätze, die in entgegengesetzte Richtungen gehen. Der ei­ne ist jener, wie ihn auch Joseph Stiglitz beschreibt: Die Konzerne versuchen, durch die Hintertür, durch geheim verhandelte Handelsabkommen zu kriegen, was sie im of­fenen politischen Prozess nicht erreichen können. – Das ist der Eindruck, der sich bei CETA und bei TTIP nachhaltig verschärft. (Abg. Pirklhuber: So ist es!)

Andererseits geht es auch darum, dass wir wissen: Ein Zurück in den reinen Natio­nalstaat geht auch nicht – wir brauchen eine fortschrittliche Handelsagenda, die Men­schenrechte, Umweltrechte, Arbeitnehmerrechte und all diese Dinge mit einschließt.

Damit kommen wir zum Unterschied zwischen CETA und TTIP. Bei TTIP ist es klar: Die US-amerikanische Seite rennt für die Liberalisierung genauso wie andere. Bei CETA hingegen habe ich oft den Eindruck, dass manche europäische Positionen – kri­tische Positionen, so wie wir sie auch mehrheitlich hier im Parlament haben – und die kanadische Position viel näher beieinander sind als das, was die europäischen Chef­verhandler in Form der Europäischen Kommission vertreten. Da habe ich manchmal, wenn Sie so wollen, den Eindruck – um einen Film zu zitieren –, dass da der Feind im eigenen Bett agiert und die Europäische Kommission auch versucht, ihre Liberalisie­rungsagenda in dieser Debatte einzubringen.

 


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