Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 49

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denn Clinton und Trump noch irgendetwas Gutes aneinander finden. Jedenfalls ist es eine berechtigte Frage, deswegen möchte ich zumindest etwas Positives voranstellen. Positiv kann man zumindest vermerken: Griechenland, Italien, Portugal geht es schlechter. Unser Budget ist im europäischen Vergleich nicht ganz unten in der Tabelle, Orientierung am Klassenbesten ist es allerdings auch nicht, deswegen muss man leider mit dem Loben auch schon wieder relativ schnell aufhören.

Das Jahr 2017 wird das 55. Jahr in Folge sein, in dem dieses Land ein Budgetdefizit hat, in dem dieses Land Schulden auf Schulden aufeinander häuft. Diese Tatsache wird verschleiert, indem man ein ursprünglich gutes Konzept, nämlich struktureller Saldo, missbraucht, ich würde sagen, politisch missbraucht. Das war einmal eine gute Idee, als man gesagt hat: Na ja, eigentlich sollte man ja, um ein Budget zu bewerten, konjunkturelle Effekte herausrechnen, um zu schauen, ob es strukturell nachhaltig aufgestellt ist. – Eine kluge Idee. Was hat man daraus gemacht? – Es wird dazu verwendet, vorzugaukeln, dass in Wirklichkeit die Finanzen im Bund ohnehin aus­geglichen wären, dass von einem Defizit ohnehin nicht mehr geredet werden könnte; minus 0,5 Prozent wären das im nächsten Jahr laut Voranschlag.

0,5 Prozent sind nichts, das klingt immer so wenig, wenn man es in Prozent nimmt, doch in Wirklichkeit sind das 1,7 Milliarden €. Aber auch das ist ja nicht die Wahrheit. Die Wahrheit findet man im Ergebnishaushalt, jenem Haushalt, den wir seit der durchaus begrüßenswerten Haushaltsreform 2013 haben, der wesentlich realistischer und ehrlich die wahre Lage des Haushaltes darstellt. In diesem ist von minus 0,5 Prozent oder minus 1,7 Milliarden € Defizit nicht die Rede, in diesem steht die Wahrheit, nämlich minus 9 Milliarden € für das Jahr 2017. Das ist die Realität und die Wirklichkeit, die man verschleiern will.

Strukturell geben wir dauerhaft mehr aus, als wir einnehmen, und das trotz regel­mäßiger Steuerrekorde. Herr Finanzminister, das sagen Sie zwar auch immer wieder, dass wir ein Strukturproblem haben, dass wir Reformen brauchen – das können wir einmal zur Kenntnis nehmen –, allerdings höre ich auch, wenn ich an die Rede von Bundeskanzler Kern denke, dass es da nicht unbedingt Gemeinsamkeiten gibt. Bundeskanzler Kern spricht davon, dass wir zu wenig Wirtschaftswachstum hätten. Das Problem wäre das Wirtschaftswachstum, wenn wir denn mehr Wachstum hätten, dann wäre ja haushaltsmäßig ohnehin alles in Ordnung.

Das blendet die letzten Jahre und Jahrzehnte völlig aus, denn wir haben auch in Jahren, in denen das Wirtschaftswachstum gut war, immer ein Defizit gemacht, deswegen haben wir ja seit 55 Jahren in Serie ein Defizit. (Bundesminister Schelling: Sie haben nicht zugehört!) – Herr Finanzminister, das Problem ist, Sie hören auch nicht zu, deswegen merken Sie auch gar nicht, wenn ich argumentativ eigentlich auch einmal auf Ihrer Seite bin! Aber das ist auch das Problem, Sie hören sich ja selbst in der Bundesregierung auch nicht mehr zu, deswegen haben wir diese Wahlkampfreden statt Budgetreden erlebt.

Insofern ist es auch verständlich, dass wir außer Ankündigungen nichts hören, dass die Umsetzungen de facto null sind. Auch diese sogenannte Steuerreform ist keine Re­form, es war nur eine rückwirkende Vergütung der kalten Progression. (Abg. Wöginger: Aber schlecht war’s nicht, oder? – Abg. Rossmann: Für die gut Verdienenden war’s sehr gut! – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz. – Zwischenbemerkung von Bun­desminister Schelling.) – Ich würde gerne darauf antworten, leider blinkt es schon wieder rot hier, ich habe immer zu wenig Zeit.

Herr Finanzminister, dass Sie in dieser Koalition vielleicht Strukturreformen nicht weiterbringen, das kann ich ja verstehen, das will ich Ihnen auch nicht vorwerfen, aber was man Ihnen schon persönlich vorwerfen kann, ist, dass Sie eine Jahrhundertchance


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