Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 121

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Abkommen machen eine gefährliche Parallelstruktur auf, indem sie die men­schen­rechtlichen Mindeststandards umgehen und de-facto Abschiebungen auch in solche Staaten erleichtern.

Die Lage im Irak spitzt sich nun dramatisch zu: Eine Offensive auf Mossul soll laut Medienberichten in naher Zukunft beginnen, die zweitgrößte irakische Stadt, die sich seit mehr als zwei Jahren unter der Kontrolle von IS befindet. Was das für die Bevölkerung vor Ort bedeutet, kann sich jeder ausmalen: Hundertausende Menschen wären, wenn sie es nicht schon bereits sind, auf der Flucht, haben kein Dach über dem Kopf und haben kein Wasser und Lebensmittel.

Vor diesem Hintergrund, und im Lichte der restriktiven Abschottungspolitik der EU müssen die Entwicklungen in Menschenrechtsfragen - gerade in Koppelung mit wirt­schaftlichen und politischen Rahmenabkommen - hinterfragt werden. Es besteht die Gefahr, dass die Migrationsklausel der EU-Partnerschafts- und Kooperations­abkom­mens dazu missbraucht wird, Drittstaaten in Rückübernahmeabkommen zu pressen, die aufgrund der derzeitigen Schieflage im EU-Asylsystem in menschenrechtlich bedenklichen Rückschiebungen münden. Das muss unter allen Umständen verhindert werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, werden aufgefordert, sich auf EU-Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen,

1) dass eine gemeinsame, zwischen den Mitgliedsstaaten akkordierte, langfristig angelegte EU-Migrationspolitik statt einzelstaatlicher, sich widersprechender Fleckerl­teppichpolitik durchgesetzt wird

2) dass eine auf Grund- und Menschenrechten basierende Flüchtlingspolitik mit einheitlichen Standards in der EU durchgesetzt wird

3) dass unter dem Titel "Migrationspartnerschaft" eine im Interesse beider Seiten stehende, echte Partnerschaft angestrebt wird statt einseitiger Rückübernahme­ver­pflich­tung für ärmere Länder, während das Versprechen von legalen Migrations­möglichkeiten ein Lippenbekenntnis bleibt

4) dass bei allen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und Drittstaaten, die sich in bürgerkriegsähnlichen oder menschen­rechtlich kritischen Lagen befinden,  die Migrationsklausel  nicht angewendet wird

5) dass die Migrationsklausel in Artikel 105 des Partnerschafts- und Koope­rations­abkommens zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak nicht in Geltung kommt, solange sich die dramatische Lage im Land nicht stabilisiert hat

6) dass - solange die Migrationsklausel Teil eines Partnerschafts- und Koope­rations­abkommens ist - die Umsetzung der Migrationsklausel hinsichtlich der Einhaltung aller menschenrechtlicher Standards in regelmäßigen Abständen von einem unabhängigen Gremium eigens überprüft wird. Sollte das Gremium eine Verletzung von Menschen­rechtsstandards bei der Durchführung von Rückführungen feststellen, wird sich die österreichische Bundesregierung mit aller Kraft dafür einsetzen, die Migrationsklausel mit sofortiger Wirkung außer Kraft zu setzen

 


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