Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll152. Sitzung / Seite 36

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Es ist ja an und für sich, müsste man meinen, ein schöner Tag, weil wir jetzt endlich ein zentrales Wählerregister bekommen, nachdem die Regierungsparteien da lange Zeit nicht weitergekommen sind. Und da könnten wir uns ja eigentlich gratulieren, wenn nicht wie so oft der Teufel eben im Detail stecken würde.

Vorweg einmal das Positive: In Zukunft soll es möglich sein, dass wir Volksbegehren nicht nur in der Hauptwohnsitzgemeinde unterschreiben können, sondern dass jede Bür­gerin, jeder Bürger in jeder Gemeinde in Österreich ein Volksbegehren unterschreiben kann und zusätzlich auch noch die Möglichkeit hat, das sogar im Internet zu tun. Das heißt, es gibt da eine sinnvolle Maßnahme im Zusammenhang mit der direkten Demo­kratie.

Damit das überhaupt möglich ist, braucht es ein zentrales Wählerregister, und genau das werden wir jetzt auch einführen. Es sind auch noch andere Aspekte im Gesetz enthalten, nämlich dass solche Fehler wie bei der Bundespräsidentschaftswahl, dass junge Menschen, die noch gar nicht wahlberechtigt sind, wählen, gar nicht mehr pas­sieren können. Wir schaffen es, dass die ausgestellten Wahlkarten zentral erfasst wer­den und dass in Zukunft auch Auslandsösterreicher ein Volksbegehren unterstützen kön­nen.

All das klingt ganz gut, aber leider zeigt diese Reform auch wieder einmal, wie SPÖ und ÖVP im Kern ticken. – Um Ihnen das ein bisschen plastischer erzählen zu können, habe ich mir eine Geschichte überlegt, und zwar die Geschichte einer jungen Frau – nennen wir sie Anna S. –, die ein Volksbegehren starten will. Diese Frau startet ein Volksbegehren, mit dem sie die Schuldenbremse in die Verfassung bringen will. Sie startet dieses Volksbegehren, und weil wir in Zukunft ein Volksbegehren in jedem Ge­meindeamt unterstützen können und weil man das auch online unterstützen kann, ist dieses Volksbegehren ein durchschlagender Erfolg. Nehmen wir einmal an, das Volks­begehren hat 1,2 Millionen Unterstützer und kommt dadurch ins Parlament.

Sie alle als Abgeordnete hier wissen, wie mit Volksbegehren im Parlament oft umge­gangen wird. Wir werden das Ganze diskutieren, es wird dem aber höchstwahrschein­lich nachher nicht entsprochen werden, was leider sehr oft der Fall ist. Wir hatten das zuletzt beim Bildungs-Volksbegehren. – Das heißt: Viele Leute unterstützen ein Volks­begehren, es kommt ins Parlament, und danach geschieht nichts.

Besagte Anna S. ist somit etwas enttäuscht und denkt sich: Das kann doch nicht sein! Jetzt habe ich 1,2 Millionen Unterstützungserklärungen für mein Volksbegehren gesam­melt, und das Parlament tut nichts. – Die logische Schlussfolgerung für sie ist, dass sie bei den Nationalratswahlen kandidieren will, weil sie so unter Umständen ins Parla­ment kommt und die Möglichkeit hat, ihrem inhaltlichen Anliegen noch Nachdruck zu verleihen. Dazu muss sie naturgemäß wie jede Partei, die bei Nationalratswahlen an­treten will, Unterstützungserklärungen sammeln, und genau da fängt das Problem an – nämlich bei den Unterstützungserklärungen.

Jeder, der einmal Unterstützungserklärungen gesammelt hat, weiß, dass das nicht so einfach ist. Ich weiß, dass das grundsätzlich bei SPÖ und ÖVP schon lange her ist; jetzt gerade bei der Bundespräsidentenwahl gibt es das zum ersten Mal wieder. Das ist nicht deswegen schwierig, weil die erforderliche Anzahl bei Nationalratswahlen so hoch wäre, denn es ist ja ohne Weiteres legitim, dass eine gewisse Anzahl vorgegeben sein muss, damit es eine gewisse Schwelle gibt. Vielmehr ist das deswegen nicht so ein­fach, weil es halt in Österreich immer noch so ist, dass sich in kleineren, ländlicheren Gemeinden viele Leute nicht trauen, in das Gemeindeamt ihres Hauptwohnsitzes zu gehen und sich dort für eine Partei zu outen. (Zwischenruf des Abg. Schmucken­schlager.) – Das ist schön! Aber die ÖVP weiß genau, wovon ich rede, denn um sie geht es in vielen Gemeinden auch!

 


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