Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll152. Sitzung / Seite 37

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Jetzt erhebt sich die Frage: Wieso ist das so? – Das liegt halt daran, dass es in Öster­reich immer noch so ist, dass man in vielen Bereichen von der Gunst der ehemaligen beiden Großparteien abhängig ist. Wenn Sie Direktor in einer Schule werden wollen, dann hilft es Ihnen nicht – sagen wir es einmal nett –, wenn Sie ein falsches Parteibuch oder gar keines haben. Genauso wenig hilft es Ihnen beispielsweise in einer kleinen Ge­meinde im Waldviertel, die eine schwarze Gemeinde ist, wenn Sie dort eine Baugeneh­migung haben wollen und davor beispielsweise für die KPÖ eine Unterstützungserklä­rung unterschrieben haben. Das hilft Ihnen zumindest nicht. (Abg. Rädler: So ein Schwachsinn! – Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Offensichtlich treffe ich irgendwo einen Nerv! Kollege Rädler zeigt mir den Schei­benwischer! Das ist übrigens auch keine höfliche Geste! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Herr Kollege Rädler, wir haben bei der letzten Nationalratswahl Unter­stützungserklärungen gesammelt, und uns wurde von Bürgerinnen und Bürgern öfters genau diese Situation geschildert. Daran, dass Sie jetzt so nervös werden, zeigt sich ja nur, dass dieses Problem offensichtlich existiert! Aber der Punkt ist … (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Irgendwie habe ich offensichtlich einen Nerv getroffen. Das freut mich sehr!

Der Punkt ist aber: Wenn das eh nicht so ist, dann hätten wir jetzt ganz einfach die Möglichkeit, diese Problematik aufzulösen. Wir regeln es ja jetzt so, dass man in Zu­kunft Volksbegehren online unterstützen kann und ein Volksbegehren in jedem Ge­meindeamt unterstützen kann – und es wäre ganz einfach, zu sagen, dass wir selbst­verständlich auch im Vorfeld von Nationalratswahlen, Europawahlen oder Bundespräsi­dentschaftswahlen den Bürgerinnen und Bürgern erlauben, dass sie in jedem Gemein­deamt unterschreiben können und nicht nur in dem Gemeindeamt, in dem sie der Ge­meindebedienstete oder der entsprechende Bürgermeister kennt.

Das ist hier nicht vorgesehen. Sie nehmen hier eine komplett unlogische Differenzie­rung vor, indem Sie sagen: bei Volksbegehren ja, bei Nationalratswahlen nein. Sie schließen eine entsprechende Möglichkeit dezidiert aus, und zwar deswegen, weil Sie als SPÖ und ÖVP halt kein Interesse daran haben, dass irgendeine neue Partei kom­men könnte und es für diese dann leichter wäre, bei Nationalratswahlen anzutreten. Das liegt natürlich wiederum daran, dass Sie Angst um Ihre Ihnen seit Jahrzehnten lieb gewordene Pfründe haben, dass Sie Angst haben, dass das rot-schwarze Machtkartell, das eh schon so sehr in Gefahr ist, noch viel schneller zerfällt!

Wir haben jetzt im Vorfeld ein bisschen diskutiert, und es hat geheißen, dass wir das dann im Jänner noch diskutieren und dann die große Reform des Wahlrechts kommt und wir uns der ganzen Sache annehmen können. – Ich sage Ihnen jetzt: Jeder, der SPÖ und ÖVP kennt, weiß, dass sie nichts weniger gern tun, als ihre Macht abzuge­ben, und jeder, der SPÖ und ÖVP kennt, weiß auch, dass das, was sie am liebsten tun, ist, all das, was ihre Macht gefährden könnte, entsprechend zu verhindern. – Inso­fern bin ich sehr pessimistisch, dass wir im Jänner zu einer sinnvollen Lösung kommen können, vor allem weil es jetzt ganz einfach gewesen wäre, das entsprechend zu re­geln, und weil Sie das aber ganz bewusst nicht tun und es somit für die Bürgerinnen und Bürger schwieriger machen, bei Wahlen passiv anzutreten.

Wir haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der genau das vorsehen würde, näm­lich dass es auch bei Nationalratswahlen, Europawahlen und Bundespräsidentschafts­wahlen möglich ist, dass man auf jeder Gemeinde seine Unterstützungserklärung ab­geben kann. Wir haben noch gar nicht diskutiert, ob man das online machen soll – die­sen Schritt kann man ohne Weiteres zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren –, aber klarerweise soll die Möglichkeit in jeder Gemeinde bestehen. Der Abänderungsantrag wurde im Saal verteilt, weil er sehr umfassend und sehr lang ist.

 


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