Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll152. Sitzung / Seite 130

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geordneten von ÖVP und FPÖ) und sollte dementsprechend zu einer Aktion der Eu­ropäischen Union als Ganzes führen.

Wir haben jetzt zentrale Vorschläge – man kann natürlich auch über weitergehende Initiativen nachdenken, aber ich möchte Ihnen trotzdem unsere Vorschläge noch ein­mal vorstellen –:

Also wir sagen, Beitrittsverhandlungen formal aussetzen, bis demokratische Mindest­standards wiederhergestellt sind. Ich möchte das auch kurz begründen: Natürlich ist es wichtig, auch weiterhin eine gewisse Gesprächsbereitschaft zu zeigen, deswegen halte ich das Wort Abbruch in diesem Fall für nicht geeignet, weil vor allem viele Menschen, die im Moment noch zur Rechtsstaatlichkeit zählen, sehr auf westliche Unterstützung hoffen und in die Europäische Union als Ganzes Hoffnung setzen. Das wäre aus mei­ner Sicht schon ein Zeichen. Die Dialogbereitschaft ist jedenfalls immer gegeben. Be­reitschaft zum Dialog ist etwas ganz Essenzielles, auch in sozusagen eskalierten Si­tuationen, aber um ein formelles Aussetzen der Verhandlungen führt aus meiner Sicht im Moment nichts mehr herum.

Der zweite Punkt ist, dass die sogenannten Heranführungsgelder, die IPA-Fördergel­der, die der PKK-Regierung zugutekommen, ausgesetzt werden. Man muss sich die Absurdität noch einmal vorstellen: Auf der einen Seite entwickelt sich die Türkei in Richtung Abschaffung der Demokratie, und auf der anderen Seite werden nach wie vor sehr hohe Summen ausgezahlt, um die Türkei sozusagen an europäische Rechtsstan­dards heranzuführen. Das unverzüglich auszusetzen, wäre, glaube ich, auch eine Kon­sequenz, die der Situation durchaus angemessen ist. Da muss man nur eine gewisse Präzision walten lassen, weil es auch einige Projekte gibt, mittels derer Gelder direkt an die Zivilgesellschaft fließen, Gelder, die direkt unterstützen. Da muss man sich sehr präzise anschauen, dass damit keine positive Entwicklungen, die gefördert worden sind, de facto abgestellt werden.

Was in unserem Antrag auch vorkommt, ist, dass wir eine deutlich klarere Verurteilung, deutlich klarere Worte der europäischen Organe, also insbesondere von Außenbeauf­tragter Mogherini, fordern, was diese rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Ver­letzungen, diese Grundrechtsverletzungen betrifft. Das muss deutlich zum Ausdruck kommen. Man kann sich nicht hinter dieser Kompromissbereitschaftsfassade verste­cken, wenn die Entwicklungen wirklich so dramatisch sind.

Das Wichtigste ist natürlich die sofortige Freilassung der Oppositionsführer und Oppo­sitionsführerinnen. Das ist schon etwas, bei dem wir als Parlamentarier besonders ge­fordert sind. Das auch auf europäischer Ebene gemeinsam zu verlangen, könnte viel­leicht unter Umständen für diese Menschen, die sich in sehr schwierigen Situationen befinden, deren Familien sich in sehr schwierigen Situationen – Verfolgung, Denunzia­tion – befinden, vielleicht eine Unterstützung sein.

Ein Letztes noch: Ich glaube, das ist nicht im Antrag, aber ich glaube, es wäre auch notwendig, sich über die Situation in Österreich, insbesondere über die Situation der KurdInnen, also der Österreicherinnen und Österreicher kurdischer Abstammung, noch einmal ausführlich zu unterhalten. Wir haben gestern wieder Gespräche geführt. Es sind viele hier, denen der – unter Anführungszeichen – „Vorwurf“ gemacht wird, sie se­ien Terroristen, deshalb erhalten sie Einreiseverbot und können ihre Familien nicht be­suchen. Viele fühlen sich auch persönlich bedroht, haben Angst und Sorge in Öster­reich. Wir wissen von den Vorfällen, die es im Sommer auf der Mariahilfer Straße ge­geben hat. Ich sage es in aller Deutlichkeit: Menschen, die das Demonstrationsrecht aus­nutzen, um das in Anspruch zu nehmen, was genau Erdoğan im Moment seinen Bür­gerinnen und Bürgern nicht mehr gewährt, das ist auch für uns inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

 


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