Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll154. Sitzung / Seite 135

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auflösen können, da es keine Rücklagen mehr geben wird. Spätestens dann wird es auch im Justizbudget ein noch massiveres Finanzierungsproblem geben.

Ich bedauere diese Rücklagenauflösung, denn Sie haben zwar angekündigt, dass Sie Rücklagen auflösen wollen, aber dass Sie damit im Strafvollzug eine Bauoffensive starten wollen. Jetzt mag das teilweise auch in diesem Budget der Fall sein, aber die große Bauoffensive sehe ich eigentlich nicht. Die Bauoffensive wäre aber notwendig, wenn man sich die Situation im Strafvollzug anschaut. Der Großteil der österreichi­schen Justizanstalten sind alte Klöster, die nie als Strafvollzugsanstalten konzipiert waren und eigentlich für einen modernen Strafvollzug völlig ungeeignet sind.

Daher haben wir in den Justizanstalten massive Probleme. Wir haben eine Überbe­legung. Wir haben hohe Einschlusszeiten. Durch die hohen Einschlusszeiten – es ist schon gesagt worden – haben wir relativ viele Übergriffe. Wir haben eine sehr geringe psychiatrische Versorgung. Wir haben eine geringe Beschäftigung.

Jetzt kann man sagen: Okay, was interessiert das die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler, die wollen nicht viel für den Strafvollzug ausgeben. – Man darf aber nie vergessen, dass ein qualitativ hochwertiger Strafvollzug der beste Beitrag zur Reso­zialisie­rung ist und damit eine geringe Rückfallwahrscheinlichkeit auch wieder den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt.

Diese Bauoffensive in einem großen Stil, wenn man sich die österreichischen Justiz­anstalten anschaut, in einem Fünf- oder Zehnjahresplan, sehe ich nicht. Vielleicht planen Sie sie, ich sehe allerdings die Budgetmittel dafür nicht, wenn Rücklagen einerseits durch den Finanzminister aufgelöst werden beziehungsweise Sie auf Rücklagen zurückgreifen müssen.

Daher denke ich, dass diese Budgetierung mittelfristig große Probleme schafft und es nicht akzeptabel ist, dass das Justizbudget, das Einnahmen lukriert – was gut ist –, als Cashcow herhalten muss.

Insgesamt wird da im Parlament immer argumentiert: Das gesamte Budget ist getragen von dem Gedanken, mehr Sicherheit zu schaffen. Ich sehe nur ein massives Miss­verhältnis, denn bei der Polizei und beim Bundesheer wird das Geld relativ locker ausgegeben. Die Militärblasmusik ist wieder in voller Mannstärke hergestellt (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) – wenn das das subjektive oder objektive Sicherheitsgefühl stärkt, bitte! Ich habe gehört, im Bereich der Polizei überlegt man, Polizeimusikkapellen zu gründen, damit man das Geld im Rahmen der Sicherheitsoffensive ausgibt.

Nur ein Bereich hat gar nichts bekommen, und das ist der Strafvollzug. Kein Cent dieser Sicherheitsoffensive geht in den Strafvollzug, obwohl dort massiver Handlungs­bedarf besteht. Gerade auch unter dem Gesichtspunkt Syrienrückkehrer und Dschi­hadismus ist dringender Handlungsbedarf gegeben, weil wir dort eine Personen­gruppe haben, der man erhöhte Aufmerksamkeit widmen muss – Stichwort Radikali­sierung –, nämlich indem man Deradikalisierungsarbeit und Präventionsarbeit leistet, damit die Gefängnisse nicht zum Hotspot von Dschihadisten werden. Das hat man komplett vergessen!

Okay, Innenminister Sobotka gründet Polizeimusikkapellen, das ist sein sicherheits­politischer Schwerpunkt. (Abg. Rädler: Ja hallo!) Ich hätte das Geld lieber im Strafvoll­zug gesehen.

„Ja hallo!“, ich finde den Zwischenruf vom Kollegen von der ÖVP auch vollkommen richtig. Das versteht niemand, dass man eine Polizeimusikkapelle gründet, während der Strafvollzug nichts bekommt, obwohl wir wissen, dass gerade im Bereich der Dschihadisten Gefängnisbiografien entscheidend für die Restrukturierung solcher Ter-


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