Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 43

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manche bedrohlich. Wir haben jetzt schon ein paar gute Analysen gehört. Was uns Kol­legin Lichtenecker erzählt hat, das gefällt mir in der Problemanalyse und auch in den Ansätzen, wie wir das lösen, sehr gut.

Das Erkennen der Chancen ist ja etwas, das vielen sehr schwer fällt. Da gibt es zum Beispiel eine Aussage von Thomas J. Watson, IBM-Präsident, aus den vierziger Jah­ren: „I think there is a world market for about five computers.“ – Er hat sich ein wenig ver­schätzt, wir haben doch mehr als fünf Rechner in Betrieb, IBM gibt es trotzdem noch.

Man kann ihm so eine Aussage aber auch nicht wirklich übel nehmen, denn damals ha­ben Rechner ganze Räume eingenommen – und das waren große Räume. Das hat sich sehr schnell geändert, und die Verformelung dieser Änderung hat auch einen Namen, das sogenannte Moore’s Law. Das bedeutet, dass sich die Komplexität, die Anzahl der Schaltkreiskomponenten integrierter Schaltkreise im Zyklus von einem bis zwei Jahren verdoppelt, man geht im Schnitt von 18 Monaten aus. Das ergibt eine Kurve, die Sie al­le kennen – ein Power Law, das Mooresche Gesetz –, das sieht in etwa so aus (eine Gra­fik in die Höhe haltend): ein Potenzgesetz.

Wenn man diese Verteilung umdreht, also spiegelt, dann gibt es einen anderen bekann­ten Graphen, ich habe die Spiegelung auf die andere Seite gezeichnet (eine weitere Grafik in die Höhe haltend) – also Graph im Sinne von Kurve, nicht wie einer, der Grip­pemasken verkauft –: Das ist die sogenannte Pareto-Verteilung oder auch langer Schwanz genannt.

Folgendes Phänomen ist an dieser Kurve abzulesen: Wenn man hier zum Beispiel ein Handelsunternehmen hat, das auf der linken Seite die Bestseller verkauft, dann heißt das, dass auf der rechten Seite die Ladenhüter sind. Und was passiert jetzt durch Digi­talisierung? – Durch Digitalisierung, durch die Virtualisierung von Gütern verschiebt sich die ökonomische Grenze. Das heißt, die Ladenhüter hier auf der rechten Seite werden auf einmal ökonomisch nutzbar, weil zum Beispiel Kapitalbindungskosten in der Lager­haltung wegfallen.

Es gibt hier Phänomene wie Demokratisierung von Produktionsmitteln, Eintrittsbar­rieren in Märkte sinken, Nischen werden nutzbar. Das muss nicht nur unbedingt Tech­nologie sein, das kann auch bei ganz anderen Phänomenen der Fall sein. Denken Sie zum Beispiel an Uber (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm), denken Sie an Airbnb! Da werden Überkapazitäten, auch wenn sie willkürlich geschaffen werden, genützt und durch eine Demokratisierung des Vertriebs auch anders verteilt. Es kommt zu einer Ver­bindung von Angebot und Nachfrage auf einer globalen Ebene. Das heißt, wenig nach­gefragte Produkte in einem Markt können in einem ganz anderen Markt sehr viel stär­ker nachgefragt werden, und durch diese technologischen Plattformen wird das zusam­mengeführt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Das ist überhaupt nichts Neues, diese Geschichten beschäftigen uns seit zehn Jahren. Ich möchte das nur bringen, um zu zeigen, dass wir diesen Wandel in vielen Bereichen eigentlich schon verschlafen haben. Im Medienbereich gibt es ganz große Umbrüche, da brechen ganze Geschäftsmodelle weg. Der Werbemarkt im Medienbereich wird von Unternehmen wie Google oder Facebook geschluckt, die manche zwar vielleicht in manchen Ausprägungen als Medien bezeichnen, aber darüber muss man auf jeden Fall streiten.

Dieses Problem geht natürlich auch bis zur Politik an sich. Wir glauben immer, dass wir von diesem Wandel nicht betroffen sind, immun sind. Die Frage für die Politik ist aber nicht mehr, welche Rolle das Netz in der demokratischen Gesellschaft für uns spielt, sondern welche Rolle Demokratie in der vernetzten Gesellschaft überhaupt noch ein­nehmen kann. Die Politik ist jedenfalls gefordert, die auftretenden Phänomene als Chan­ce zu begreifen und auch legistisch zu behandeln. Wir haben etliche Passwords ge-


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