Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 93

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nachbesetzt werden können, weil es nicht einmal eine einzige Bewerbung gibt. Und wenn man weiß, dass bis zum Jahr 2030 drei Viertel der Allgemeinmediziner in Pen­sion gehen, dann muss man sagen, es ist höchst an der Zeit, etwas zu tun, da ist Feu­er am Dach! Daher heißt es: Jetzt handeln, nicht erst in ferner Zukunft!

Handeln ist gefragt, und das sage ich ganz bewusst auch hier und heute – und zwar nicht so, wie es die Vertreterinnen und Vertreter der Ärztekammer tun, indem sie tag­täglich Falschmeldungen verbreiten und dadurch die Patientinnen und Patienten mas­siv verunsichern. Wenn sie das Gerücht verbreiten, dass unser Gesundheitssystem zu Tode gespart wird, dann hoffe ich, dass sie von Medizin mehr Ahnung haben als vom Rechnen, denn die Ausgaben im Gesundheitssystem steigen in den nächsten fünf Jah­ren ganz gewaltig: Wir werden im Jahr 2021 um über 4,6 Milliarden € mehr für das Ge­sundheitssystem ausgeben! (Der Redner platziert vor sich auf dem Rednerpult eine Tafel mit einem Säulendiagramm und der Aufschrift „Ausgaben für Gesundheit liegen deutlich über Inflation“.) Und nennen Sie mir, bitte, auch nur ein einziges anderes Land der Welt, das jetzt schon für fünf Jahre im Vorhinein budgetäre Maßnahmen für eine Verbesserung des Gesundheitssystems setzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenso falsch ist die Aussage, dass mit dieser Gesundheitsreform die Hausärzte ab­geschafft werden sollen. Unseren Hausärzten kommt auch in Zukunft eine ganz be­deutende Rolle zu, und zwar auch deswegen, weil gerade die Hausärztinnen und Haus­ärzte ihre Patienten kennen und daher auch den besten Überblick über ihren Gesund­heitszustand haben.

Neu ist allerdings, dass die HausärztInnen künftig die Möglichkeit haben sollen, sich mit anderen ÄrztInnen und in Gesundheitsberufen Tätigen, wie diplomierten Pflegekräf­ten, Physiotherapeuten oder SozialarbeiterInnen, auszutauschen und in einem Team zusammenzuarbeiten. Was ist daran schlecht, wenn die Ärztinnen und Ärzte durch die­se neuen wohnortnahen Versorgungsformen künftig wieder mehr Zeit für die Patien­tinnen und Patienten haben?

Schaut euch bitte doch einmal die neuen Versorgungsstrukturen in der Praxis an! Mei­ne Vorrednerin hat es gesagt, in Mariazell, wo Chirurgen mit Osteopathen, mit Physio­therapeuten, mit Kinderfachärzten zusammenarbeiten, funktioniert es hervorragend. Das ist doch nichts Schlechtes. Die Menschen vor Ort sind wirklich begeistert, weil sie noch nie eine so gute medizinische Versorgung hatten, wie es jetzt der Fall ist. An solch ei­nem Beispiel sieht man, wie wichtig die neuen Primärversorgungseinheiten für die Pa­tientinnen und Patienten, aber auch für die Ärztinnen und Ärzte sind.

Das ganze Gequatsche darüber, dass man sich in Zukunft Hausärztinnen beziehungs­weise den Hausarzt nicht mehr aussuchen kann, ist ebenso falsch, weil die Patien­tinnen und Patienten auch in Zukunft frei wählen können, zu welchem Arzt, zu welcher Ärztin sie gehen werden. Niemand denkt daran, an der freien Arztwahl zu rütteln, da es wichtig ist, dass die Patientinnen und Patienten ihrem Arzt beziehungsweise ihrer Ärz­tin vertrauen.

Daher bitte ich die Ärztekammerfunktionäre um eines: Die Ärztekammerwahlen, die im Frühjahr stattfinden, sind eine Seite der Medaille. Aber stellen auch Sie endlich einmal die Interessen der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt und tragen Sie Ihren Teil dazu bei, die angeheizte Diskussion wieder auf eine sachliche Ebene zu bringen, und blockieren Sie nicht ständig alle Vorhaben, denn die Patientinnen und Patienten brauchen mehr als nur Ihr Nein! Denn ein Nein zur Gesundheitsreform, ein Nein zu ELGA, ein Nein zur E-Medikation oder gar ein Nein zu neuen Versorgungsformen wie jene in Mariazell sind keine Lösungsansätze. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, Streiks, die eigenartigerweise nur in jenen Bundesländern stattfinden, in denen es Landeshauptleute der SPÖ gibt, sind schon gar kein Beitrag zu einer Versachlichung dieser Thematik. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

 


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