Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 153

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Ich selbst habe vor einigen Jahren während eines Urlaubs die Möglichkeit gehabt, mir konkret in Malaysia auf Borneo und da in Sarawak und in der Gegend östlich von Kota Kinabalu anzuschauen, wie dort real Palmölproduktion und Palmölanpflanzung erfolgt.

Es gibt in Malaysia zwar ein Umweltschutzgesetz, das vorsieht, dass entlang von gro­ßen Flussläufen eine 50 Meter breite Schneise von Wald stehen zu bleiben hat. Das hat für TouristInnen wie mich den ganz positiven Effekt, dass man ziemlich sicher Orang-Utans sieht, weil die Lebensräume von Orang-Utans so dermaßen verknappt werden, dass sie ziemlich sicher ihre Nester unter anderem an den Wasserläufen direkt bauen werden, von wo aus man sie sehen kann.

Es ist aber absolut verrückt. Wenn man da drüberfliegt, sieht man diese dünnen 50-Me­ter-Streifen und dahinter unendliche Monokulturen von Palmölpflanzen, die das Wasser verschmutzen, eine Trinkwassernutzung unmöglich machen, die dazu beitragen, dass In­digene, die dort jahrzehnte-, jahrhundertelang gelebt haben, keinerlei Lebensräume mehr haben.

Ich war vor Kurzem in Kolumbien. Nicht nur in Malaysia, Indonesien und Afrika, auch in Kolumbien wird mittlerweile Palmöl im großen Stil von Agrokonzernen angebaut. Gera­de in Kolumbien ist diese Entwicklung – aufgrund des schwachen Rechtsstaats und der Nichtpräsenz des Staats in vielen Teilen – verbunden mit Vertreibungen, mit Er­mordungen von Menschen, die ursprünglich dort ansässig gewesen sind, die ursprüng­lich das Land bewirtschaftet haben. Dieses Vakuum des nicht vorhandenen Staats wird jetzt von Agrokonzernen eingenommen. Ich appelliere in diesem Zusammenhang, dass wir, wenn wir Freihandelsabkommen unterzeichnen, uns überlegen, welch negative Kon­sequenzen diese unter Umständen haben können.

Der dritte Bereich, zu dem ich kommen möchte, ist der soziale Bereich. Die Arbeits­bedingungen – sklavenähnlich gehaltene Menschen, die auf diesen Plantagen arbeiten müssen, Kinder, die arbeiten müssen, Pestizide, die eingesetzt werden, wo den Arbeit­nehmerInnen keinerlei Schutzvorrichtungen zur Verfügung gestellt werden – sind evi­dent, ebenso die Vertreibungen – ich habe vorhin schon die Vertreibungen in Kolum­bien angesprochen – und Landverluste; das bedeutet gleichzeitig aber auch Einkom­mensverluste.

Die Menschen haben keine Möglichkeit, ihr bisheriges Einkommen als Subsistenzbau­ern und -bäuerinnen irgendwie anders zu erwirtschaften. Es kommt zu einer großen Bin­nenmigration, es kommt zu Entwurzelungen, es kommt zu Kulturverlust vor allem von indigenen Gruppen, und es kommt zu Hunger, weil eben der Boden für die originäre Er­nährung der Menschen dort fehlt.

Wir haben zwar ILUC, Indirect Land Use Change – wenn also irgendwo vorher bei­spielsweise Weizen angebaut wurde, wo jetzt für Agrotreibstoffe angepflanzt wird, wan­dert dafür die Weizenanbaufläche weiter und für den Weizen wird Regenwald abge­holzt –, das ist zwar theoretisch eine nachvollziehbare Methode; es gibt aber weder ei­ne gute einheitliche Berichtspflicht mit Standards, die man einigermaßen nachvollzie­hen könnte, noch ist für KonsumentInnen wirklich erkennbar, wo was drinnen ist, vor al­lem aber, woher es kommt und was dafür hat weichen müssen.

Es gibt viele Länder, die ein System der Kapitalisierung der Natur haben, die zum Bei­spiel Regenwald ökonomisch bewerten. Brasilien ist dafür ein Beispiel. Dort sagt man: Wenn wir irgendwo auf einer Fläche, die bislang natürlich genützt worden ist, die auch eine wichtige CO2-Senke war, in Zukunft zum Beispiel Pflanzen für Agrotreibstoffe an­bauen, müssen wir dafür anderswo eine andere Landfläche natürlich nützen und schüt­zen. Das bringt aber überhaupt nichts, weil der Nutzen von Naherholungsgebieten ja auch eine Frage der Gegend und eine Frage der Nähe zu den Menschen ist.

 


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