Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 201

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Mitterlehner bei der Debatte zum Mittelstandsbericht anwesend sind, möchte ich gerne mit einem Zitat von Ihnen aus dem letzten Jahr starten:

„Der Mittelstand gerät zunehmend unter Druck: Überbordende Steuer- und Bürokratie­lasten, Bildungsdefizite und Fachkräftemangel schränken seinen Handlungsspielraum ein und gefährden seinen Erfolg. (…) Der Mittelstand braucht eine deutliche Verbesserung der standortpolitischen Rahmenbedingungen.“ Das stammt aus dem „Mittelstandsat­las Österreich“, Herausgeber ist die Julius Raab Stiftung.

Sie werden jetzt bestimmt versuchen, diesen Mittelstandsbericht relativ euphorisch dar­zustellen oder schönzureden. Die Wahrheit, die Realität ist jedoch eine ganz andere. Wenn Sie heute mit Unternehmern draußen sprechen – und ich meine nicht unbedingt mit Kammerfunktionären, sondern mit echten Unternehmern –, dann werden Sie spü­ren, dass die Stimmung im Keller ist.

Die überwiegende Zahl der KMUs in Österreich ist mit der derzeitigen Situation über­haupt nicht zufrieden. Ich möchte, weil Sie immer KMUs erwähnen, vielleicht auch noch einmal kurz darauf hinweisen: 90 Prozent aller Unternehmen in Österreich sind Kleinst­unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern, und die haben natürlich vollkommen andere Probleme als Großkonzerne.

Ich gebe Ihnen ganz kurz ein paar Zahlen zum Thema Neugründungen: 2010 – 29 640, 2015 – 29 561, also keine Spur von der Neugründungsoffensive, die Sie von der ÖVP angekündigt haben. Oder, ein Situationsbericht hinsichtlich der Gewinne der KMUs: Ein Drittel der Unternehmen macht Verluste, ein Drittel schreibt mehr oder weniger eine schwarze Null, und nur ein Drittel der KMUs macht vernünftige Gewinne. – Das steht ganz deutlich im Mittelstandsbericht.

Noch ein Thema im Zusammenhang mit den Lehrbetrieben – es wurde ja vorhin auch beim Bereich Bildung erwähnt –: Die Zahl der Lehrbetriebe ist in Österreich mittlerweile von 41 600 Betrieben auf 29 100 Betriebe gesunken; das ist ein Minus von 40 Prozent. Auch das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Unternehmer nicht mehr in der La­ge sind, Lehrlinge sinnvoll beziehungsweise fortwährend auszubilden. In diesem Be­reich tun Sie überhaupt nichts!

Letzter Punkt, das Finanzierungsvolumen – auch ein wichtiger Indikator –, Kredite bis zu 1 Million €: 2009 waren es 840 Millionen €, 2015 nur mehr 680 Millionen €, also auch das eine Kennzahl, die ganz klar nach unten weist und die eben auch das Stimmungs­bild der KMUs deutlich wiedergibt. (Abg. Hanger: Interessant, dass wir um 130 000 Ar­beitsplätze mehr geschaffen haben!) – Ja, aber nur Teilzeitarbeitsplätze, muss man da­zusagen, keine Vollzeitarbeitsplätze! Das hätten wir auch gerne!

Was braucht der Mittelstand, was brauchen die KMUs? – Sie brauchen Facharbeiter und qualifizierte Lehrlinge, geringe Lohnnebenkosten, eine sinnvolle Finanzierung – ich sage nur: Basel III erschwert die Finanzierung extrem – und eine massive Reduktion von Bürokratie und Verwaltung.

Ich möchte auch hier noch einmal kurz auf eine Kampagne des Wirtschaftsbundes hin­weisen, die Ihnen ja nicht unbekannt sein dürfte: „Rote Karten für Bürokraten“. (Der Red­ner hält die Schwarz-Weiß-Kopie einer Abbildung mit der Aufschrift „Jetzt: Rote Karten für Bürokraten.“ in die Höhe, auf der eine Hand mit einer Karte zu sehen ist.) So agie­ren Sie draußen. Hier im Plenum machen Sie in den letzten Jahren bei jeder sinnlosen Geschichte, die kommt, mit, heben die Hand, stehen auf, und dann machen Sie drau­ßen: „Rote Karten für Bürokraten“  Wirtschaftsbund. Das kann ich Ihnen gerne zum Nach­lesen geben, falls Sie es nicht mehr wissen.

Was brauchen die KMUs noch? Sinnvolle Gewinne, um zu investieren, die Weitergabe von Familienbetrieben – auch da haben Sie versprochen, Maßnahmen zu setzen, es ist


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