Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll160. Sitzung / Seite 197

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wiederholte öffentliche Kritik an der Staatsanwaltschaft, das wäre nämlich das andere Begründungskriterium gewesen, warum der Weisungsrat befasst werden könnte.

Wir hätten ja allen Grund gehabt, froh zu sein, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt. Nicht deshalb, weil ich in diesem Fall überzeugt bin, dass die Wiederbetätigung gegeben ist, sondern weil es selbstverständlich sinnvoll ist, diese Sache öffentlich zu erörtern, nämlich öffentlich zu erörtern, ob da Wiederbetätigung vorliegt, wenn jemand – und das hat er ja gemacht! – erklärt, in Mauthausen hätte es keine Gaskam­mer gege­ben.

Das ist ein Thema, das selbstverständlich vor Gericht erörtert werden sollte. Da kann man natürlich auch der Meinung sein, das sei ihm irgendwie herausgerutscht oder was weiß ich, aber das muss erörtert werden. Ich bin nicht der Meinung, dass diese Sache entschieden werden darf oder entschieden werden soll, ohne dass damit ein Geschworenengericht befasst wird.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, Herr Bundesminister: Was ich eigentlich schockie­rend gefunden habe, ist die Begründung des Justizministeriums dafür, dass der Weisungsrat befasst werden soll.

In Ihrer Anfragebeantwortung heißt es, dass „sich nach § 3h VG strafbar macht, wer die nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit schlechthin und nicht bloß in Randbereichen, sondern in ihrem Kern leugnet (= in Abrede stellt), gröblich verharmlost (= grob verniedlicht), gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

Es geht da noch weiter, ich will das jetzt nicht alles vorlesen, weil das auf die Redezeit geht. Der entscheidende Punkt ist jedoch: § 3h des Verbotsgesetzes bedeutet etwas anderes, und er lautet auch anders! Es heißt dort:

„wer […] den nationalsozialistischen Völkermord“ – und jetzt kommt ein entscheidender Punkt, der in dieser Begründung nicht erwähnt wird! – „oder andere nationalsoziali­stische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

Genau darum geht es: Es geht nicht darum, dass in Mauthausen der nationalso­zialistische Völkermord im Kern vollzogen worden wäre. Das würde bedeuten, dass in Mauthausen Juden zu Hunderttausenden oder Zehntausenden vernichtet, verbrannt oder sonst irgendwie ermordet worden wären – nein, in Mauthausen sind Tausende durch die Gaskammer zu Tode gekommen.

Sie sind umgebracht worden, weil sie Strafgefangene waren, weil sie russische, polnische Kriegsgefangene waren. Einfach aufgrund dieses Status sind sie in der Gaskammer zu Tode gekommen. Das ist genau das, was man als Leugnung der anderen nationalsozialistischen Verbrechen bezeichnen würde, also nicht der Kern der Wiederbetätigung beziehungsweise die Leugnung des Holocaust. Der Holocaust hat nämlich nur in einem Detailbereich, wenn man es so sophisticated betrachten will, in Mauthausen stattgefunden, aber es haben nationalsozialistische Verbrechen im Kern stattgefunden.

Jetzt sage ich Ihnen etwas zu dieser Geschichte, etwas, das mich sehr erschüttert hat – und auch bei dieser Begründung erschüttert hat, die Sie gegeben haben –: Im Jahr 1996 hat ein Richter am Wiener Landesgericht – ein rechtsextremer Richter – ein Wiederbetätigungsverfahren zu leiten gehabt, Herr Januschke. Da ist es darum gegangen, dass ein Lehrer an einer Schule Wiederbetätigung betrieben hat.

Als Zeugen wurden damals Schüler einvernommen. Herr Januschke als vorsitzender Richter geht diesen einen Schüler ganz scharf an und fragt ihn: Wurde da vom Lehrer der Holocaust generell oder nur partiell geleugnet? – Der Schüler hat natürlich mit


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