Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll160. Sitzung / Seite 225

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Erstens: Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mahnt ihre Ver­sicherten wegen eines Rückstands von 35 Cent, also das Porto und die Arbeitszeit, die da anfallen, sind im Verhältnis zu den 35 Cent ein Wahnsinn.

Zweites Negativbeispiel: Ein Bauunternehmer aus Oberösterreich wurde in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 1 090 € oder 73 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt, weil er als Wiederholungstäter einen Mitarbeiter elf Minuten zu spät angemeldet hat.

Drittes Beispiel: Das Arbeitsinspektorat verbietet Firmenchefs das Gratisobst für Mitarbeiter; diesen berühmten Obstkorb hat der Arbeitsinspektor in Wien also verboten. Der Grund: Es gäbe keinen Mitarbeiter, der die Obstkörbe täglich auf faule und verdorbene Ware kontrollieren würde; eine solche Sicherheitsfachkraft sei aber laut § 73 des Arbeitnehmerschutzgesetzes vorgeschrieben.

Solche Missstände müssen sofort abgestellt werden! Da muss ich nicht gleich ein ganzes Gesetz abschaffen, da reichen einzelne Paragrafen. (Beifall bei der FPÖ.) Die Bundesregierung tut sich aber sichtlich schwer mit der Bekämpfung der Bürokratie, wie diese Beispiele zeigen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Um Investitionsanreize zu setzen, sieht das Kompromisspapier der Bundesregierung für größere Unternehmen eine befristete Möglichkeit der vorzeitigen Abschreibung vor. (Abg. Schopf: … Wiederholungstäter!) – Herr Kollege, wir sind schon bei einem anderen Thema. (Abg. Schopf: 15 Mal!) Warum gilt das nicht für Klein- und Mittel­betriebe?, werden Sie sich nun fragen. – Im Kompromisspapier heißt es dazu: „Klein- und Mittelbetriebe profitieren von der bereits beschlossenen Investitionszuwachs­prämie“.

Es stimmt schon, der Ministerrat hat am 25. Oktober 2016 diese Maßnahme be­schlossen. Bis dato ist es aber bei der Ankündigung der Bundesregierung geblieben, weil nach mehr als drei Monaten die Förderrichtlinien noch immer nicht genehmigt wurden. Zuständig sind da der Wirtschaftsminister und der Finanzminister, die dies­bezüglich untätig sind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: Wirtschafts­partei!)

Der Finanzminister verspricht uns seit Juli 2015 die Abschaffung der kalten Pro­gression: zuerst für 2017, dann für 2018, im Kompromisspapier steht jetzt 2019 – weil die Steuerreform 2015/2016 angeblich bis dahin wirke. Das ist aber eine Märchen­geschichte des Finanzministers. Die Steuerreform war die Teilrückzahlung der in der Vergangenheit zu viel bezahlten Steuern, da kann nichts in die Zukunft wirken. Durch die Steuerreform werden den Steuerzahlern 5 Milliarden € zurückgegeben, die man ihnen seit 2009, also in der Vergangenheit, aus der Tasche gezogen hat. Die kalte Pro­gression greift daher nicht erst 2019, wie uns der Finanzminister und der Herr Kanzler immer predigen, sondern bereits jetzt, und daher muss die kalte Progression sofort abgeschafft werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen zeigt die halbherzige Lösung der Bundesregierung im Zusammenhang mit der kalten Progression, dass diese den Bürger eigentlich gar nicht entlasten will. Ers­tens einmal wird die Maßnahme auf 2019 verschoben, und darüber hinaus gibt es ja auch noch die Sozialabgaben. Ich darf Ihnen hier ein Beispiel bringen: Bei einem Bruttomonatsgehalt von 1 500 € zahlt der Arbeitnehmer 44 € an Lohnsteuer, aber 256 € an Sozialversicherungsbeiträgen. Das heißt, der Sozialversicherungsbeitrag beträgt fast das Sechsfache der Lohnsteuer. Diesen Arbeitnehmer können Sie durch die Abschaffung der kalten Progression steuerlich überhaupt nicht entlasten, sondern nur durch eine Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge.

Die Bundesregierung hat sich in diesem Kompromisspapier auf den kleinsten gemein­samen Nenner geeinigt, und da ist nicht einmal die Finanzierung gesichert. Diese


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