richte – erst nach Ratifikation durch die nationalen Parlamente in Kraft treten werden und dass mit einer rechtsverbindlichen Zusatzerklärung zwischen EU und Kanada Verbesserungen am Vertrag erzielt worden wären. Außerdem müsse Österreich – vergleichbar den Forderungen des deutschen Bundesverfassungsgerichts – die vorläufige Anwendung des Vertrags auch wieder beenden können. Dies habe Österreich – so wie Deutschland – in einer Protokollerklärung zu CETA festgehalten.
Darüber hinaus verlangte der Bundeskanzler weitere Klärungen bei den Schiedsgerichten im Zuge des Ratifizierungsprozesses, bis der Vertrag dem Nationalrat als Regierungsvorlage zur Beschlussfassung vorgelegt werden könne. Im noch auszuhandelnden Statut für die Schiedsgerichte solle u.a. die Unabhängigkeit der RichterInnen und der Entscheidungen sichergestellt werden sowie die Berechnung der Höhe von Schadenersatzforderungen festgelegt werden.
Dass die Ausgestaltung eines Statuts an der prinzipiellen Schieflage des Schiedsgerichtssystems nichts ändert, haben mehr als hundert ProfessorInnen der Rechtswissenschaften im Oktober 2016 in einer juristischen Stellungnahme klar gemacht. Sie lehnen das in CETA erstmals verankerte System genauso ab, wie das bisher bestehende ISDS-Regime. Das von der Kommission propagierte neue Schiedsgericht stattet die Investoren im Wesentlichen mit den gleichen Sonderrechten wie bisher aus und privilegiert daher ausländische Investoren gegenüber allen anderen Akteuren in einer Gesellschaft, ist in der Stellungnahme zu lesen.
Sowohl bei der Frage, ob die Zusatzvereinbarungen und Protokollerklärungen überhaupt rechtsverbindlich sind, als auch bei der geforderten einseitigen Beendigung der vorläufigen Anwendung des Vertrags durch Österreich scheiden sich die Geister. Im ersteren Fall stellen Rechtsgutachten – wie das zuletzt im profil vom 30.1.2017 zitierte Gutachten von Prof. Maurer von der Universität Innsbruck – die rechtliche Verbindlichkeit der CETA-Beipacktexte als „unklar“, „rein informativ“ und „nicht bindend“ in Frage.
Ob ein Mitgliedsland die vorläufige Anwendung von CETA beenden kann, beantworten die Europäische Kommission und das deutsche Bundesverfassungsgericht unterschiedlich. Wie das Onlineportal vieuws.eu berichtete, informierten Vertreter der Europäischen Kommission die EP-Abgeordneten im November 2016 darüber, dass ein einseitiger Ausstieg eines Mitgliedslands aus CETA nicht vorgesehen ist. Demgegenüber beharrt etwa das deutsche Bundesverfassungsgericht in seinem CETA-Beschluss vom 7.12.2016, dass die Möglichkeit zur Beendigung der vorläufigen Anwendung gegeben sei. Je nachdem, wer gefragt wird, gibt es unterschiedliche Antworten. Rechtssicherheit sieht anders aus.
CETA – Bundesregierung übergeht Nationalrat
Unabhängig vom Beipacktext argumentierte Bundeskanzler Kern, der etwa seine Kritik an den in CETA vorgesehenen Investitionsschutzgerichten bis zuletzt aufrecht erhielt, seinen Schwenk und die damit verbundene Zustimmung zu CETA mit dem drohenden Verlust an Glaubwürdigkeit des europäischen Projekts (Parlamentskorrespondenz Nr. 932). Die Bundesregierung – im Zusammenspiel von Bundeskanzler Kern, Vizekanzler Mitterlehner und Außenminister Kurz – hat aber mit der Genehmigung von CETA im Rat der EU am 28. Oktober 2016 die verfassungsrechtlich verankerten Mitwirkungsrechte des Nationalrates (Art 23 e B-VG) gröblich übergangen.
Durch die einheitliche Stellungnahme der Bundesländer gemäß Art. 23 d Abs. 2 B-VG vom 11. Mai 2016 und der darauf bezugnehmenden Stellungnahme gemäß Art. 23 e B-VG des Nationalrates vom 22. Juni 2016 war die Bundesregierung daran gebunden, „dem Abschluss von CETA im Rat nicht zuzustimmen, solange die Forderungen dieser Beschlüsse nicht erfüllt sind“. Darin heißt es u.a.: „die Möglichkeit von Schiedsverfahren gegen Staaten (sog. ISDS-Klauseln) ist nicht vorzusehen; sich dafür einzuset-
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