Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 115

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zen, dass Harmonisierungen und wechselseitige Anerkennungen auf Basis des Vor­sorgeprinzips erfolgen oder dass im Rat keine vorläufige Anwendung von CETA be­schlossen wird.“

CETA enthält aber Sonderklagerechte für ausländische Konzerne, das Vorsorgeprinzip wird durchlöchert und überdies soll der Vertrag vorläufig angewendet werden.

Hat der Nationalrat – wie in diesem Fall – eine bindende Stellungnahme abgegeben, sieht Art 23e Abs 3 B-VG vor, dass der zuständige Bundesminister den Nationalrat vor und nach Beschlussfassung unverzüglich zu befassen hat. Ein solcher Bericht durch den zuständigen Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist bis dato jedoch nicht erfolgt. Von der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Verpflichtungen bei CETA durch die Bundesregierung kann daher keine Rede sein. Nicht nur, dass die Bedenken der Bevölkerung nicht ernst genommen werden, werden Beschlüsse des Na­tionalrats, der CETA letztlich ratifizieren muss, auch noch verletzt.

TTIP – Verhandlungsmandat wie eh und je

Noch fragwürdiger ist das Vorgehen der Bundesregierung bei TTIP. Bundeskanzler Kern hat nach der Erfahrung mit CETA behauptet, dass TTIP, das derzeit verhandelte Handelsabkommen der EU mit den USA, auf Basis des derzeitigen Verhandlungsman­dats keine Zustimmung von Österreich mehr habe. Ungeachtet einer Protokollerklä­rung, die der Bundeskanzler beim Europäischen Rat im Oktober 2016 mit dem Ziel der Revision des TTIP-Verhandlungsmandats abgegeben hat, hält die Europäische Kom­mission nach wie vor an den Verhandlungen mit den USA fest. So präsentierten EU-Handelskommissarin Malmström und US-Handelsbeauftragter Froman Mitte Jänner 2017 den Letztstand der Verhandlungen. Auch wenn derzeit nicht klar ist, wie US-Präsident Donald Trump sich zu TTIP verhält, hat sich an den Vorgaben durch die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten für die Verhandlungsführung der Europäischen Kommission nichts geändert. Die sowohl durch Bundeskanzler Kern als auch Vizekanzler Mitterl­ehner in Aussicht gestellte Änderung des TTIP-Mandats bildet sich auf europäischer Ebene jedenfalls nicht ab. Die Europäische Kommission verfolgt den eingeschlagenen TTIP-Kurs unbeirrt von der österreichischen Positionierung weiter.

TISA – Noch intransparenter als CETA und TTIP

Von der Öffentlichkeit unbemerkt, starteten im April 2013 Verhandlungen zwischen 23 Staaten (EU, Australien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Hongkong, Island, Israel, Japan, Republik Korea, Mexiko, Neuseeland, Norwegen, Pakistan, Panama, Pa­raguay, Peru, Schweiz, Taiwan, Türkei und Vereinigte Staaten von Amerika) über ein neues plurilaterales Abkommen über Dienstleistungen (TISA – Trade in Services Agree­ment). Für die EU-Mitgliedstaaten führt die Europäische Kommission die Verhandlun­gen. Am 18.3.2013 erhielt sie dafür vom Rat der EU (Landwirtschaft und Fischerei) – einstimmig ohne weitere Debatten – das Verhandlungsmandat. Die österreichische Bun­desregierung hatte den Nationalrat mit dieser Materie wieder einmal nicht befasst.

Nach Angaben der EU-VerhandlungsführerInnen steht TISA kurz vor dem Abschluss. Infolge des Präsidentschaftswechsels in den USA wird derzeit eine Verhandlungspau­se eingelegt. Zu TISA gibt es keine dezidierte Aussage von Donald Trump, weshalb auf EU-Ebene davon ausgegangen wird, dass die Verhandlungen wieder aufgenom­men werden sobald die neue US-Administration eingeführt ist.

Im Zuge der Kritik an den TTIP-Verhandlungen veröffentlichte die EU ihr TISA-Ver­handlungsmandat erst 2015, also zwei Jahre nach Erteilung. Dieses legt das Ziel weiterer Liberalisierungen sämtlicher Dienstleistungsbereiche fest. Von den EU-Ver­handlungsführerInnen war vergangenes Jahr immer wieder zu hören, dass die TISA-Verhandlungen knapp vor dem Abschluss stehen. Weder Europaabgeordnete, natio­nale ParlamentarierInnen noch die Bevölkerung kennen aber den Inhalt bereits verein­barter TISA-Texte. Diese Dokumente sind streng geheim.

 


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