Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 119

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Kommen wir zu den Schiedsverfahren, Schiedsgerichten: Es ist doch völlig logisch, dass auch diese abgeänderte Sache in CETA ein Schiedsverfahren gegen Staaten ist – worum wird es denn dort sonst gehen? –, noch dazu, und daran entzündet sich ja die Kritik, können das in der Regel nur jene, die überhaupt einen Firmensitz in Kanada haben. Das ist ein ungleicher Zugang, eine Schieflage, und deshalb sind der Deutsche Richterbund und Hunderte europäische Juristinnen und Juristen gegen dieses Abkom­men. Auch diese Dokumente haben wir mit, und die waren auch der Grund für die Beschlüsse dieses Nationalrates. Da sollten Sie doch stolz darauf sein, um Gottes willen! Den Grund für diese Beschlüsse, dass das nicht geht, beschreibt der nüchterne Deutsche Richterbund so: nicht notwendig, nicht juristisch fundiert und im Ergebnis schädlich.

Warum ist das so? – Weil wir in Europa ausgereifte Justizsysteme haben, die diesen Überbau überhaupt nicht brauchen, aber wenn es ihn einmal gibt, stiftet er Schaden, um Gottes willen! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt hätten wir ja nichts gegen Handel mit Kanada; mit diesen Litaneien können Sie uns heute, bitte schön, verschonen. Natürlich geht es auch um Handel, aber es geht auch um faire Produktionsbedingungen et cetera. Diese Sache hier ist einfach ein Brand­beschleuniger für das, was passiert, wenn in diesen Verträgen irgendetwas drinnen steht, was doch nicht so witzig ist, wie Sie alle tun.

Da kommen wir schon zum Nächsten, dem Vorsorgeprinzip: Es wird immer so getan, als wäre das alles super gesichert. Richtig ist, dieses Wort kommt im ganzen CETA-Vertrag gar nicht vor, aber es gibt einige Stellen – ich erwähne es immer wieder, bis heute hat uns noch keiner widerlegt – in Artikel 25 dieses Vertrags, dass ausgerechnet beim Marktzugang zu Biotechnologie – Herr Schultes, zum Mitschreiben: Marktzugang zu Biotechnologie – der wissenschaftsbasierte Ansatz gilt.

Jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, dass das das Gegenteil vom Vorsorgeprinzip ist. Auch wenn dann in diesen Beipackungen auf die WTO rekurriert wird, beschleunigt das das Problem ein weiteres Mal, denn dort wird es dahin gehend übersetzt, dass das eben so zu interpretieren ist, dass man wissenschaftliche Zulassungssysteme braucht – aber nicht der, der etwas in Verkehr bringt, sondern die anderen, die darauf schauen wollen, dass das bei irgendwelchen Gefährdungen nicht so schnell oder gar nicht pas­siert. So wie bei der Asbest-Geschichte: 70 Jahre ist gekämpft worden, bis einmal ak­zeptiert wurde, dass das schwer krebserregend ist, und – Karl Öllinger weiß viel darü­ber – durch die dadurch verursachten Krankheiten ausreichend Opfer zu beklagen sind.

Da ist es eben auch so – es ist nämlich nicht anders zu übersetzen, wenn man alles zusammenzählt –, dass diejenigen, die vielleicht noch aufrichtige Behördenvertreter oder kritische WissenschaftlerInnen sind, beweisen müssen, dass irgendetwas schädlich ist. Das ist das Gegenteil des Vorsorgeprinzips. Da kann in den europäischen Verträgen zehnmal drinstehen, dass dieses im europäischen Rechtsraum gilt, aber CETA wäre ja ein völkerrechtlicher Vertrag, und der steht über diesen Dingen. Da wird auch ständig Ne­bel geworfen, ich bin gespannt, ob wir das heute wieder hören werden.

Wenn uns jemand widerlegt, soll es uns recht sein, denn dass CETA kommt, dafür be­steht zumindest eine Halbe-halbe-Chance. Dann wäre es besser, es wäre so, wie an­dere behaupten. Die Beweisführung allerdings bleibt aus. Dafür wird mit dem Finger auf jene gezeigt, die sich wirklich damit beschäftigen.

Das hat im Übrigen auch der Bundeskanzler gemacht, das ist ihm auch hoch anzu­rechnen. Er hat offensichtlich gute Argumente und Berater gehabt, die ihm gesagt ha­ben, wie die Dinge liegen. Allein die weitere Geschichte, mit der wir uns heute hier be­schäftigen müssen, ist eben die, dass nämlich von diesem hier im Haus beschlossenen Mandat – und bis heute nicht begründet, was den eigentlichen Verfassungsbruch dar­stellt – abgewichen wurde.

 


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