Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 120

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Es kommt noch schlimmer mit der vorläufigen Anwendung – damit wir einmal alle Punkte durch haben –, davon kann sich jetzt jeder überzeugen. Was ist das nun? – Das ist ein Rechtsinstitut, das an sich nicht nur böse ist. Es hat eine gewisse Logik, die da sagt: Alles, was die Kompetenz der Europäischen Union umfasst, darf schon gelten, wenn das Europäische Parlament zugestimmt hat. Wir werden sehen, wie das ausgeht, okay, aber es ist halt in all diesen Vertragskomplexen so vorgesehen, auch in CETA – es wird sogar angemerkt –, dass alle zustimmen müssen. Und das wäre eben die Chance gewesen, das Mandat dieses Nationalrates mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus an­deren Ländern, die es ja bekanntermaßen gegeben hat, umzusetzen und vorläufig eben doch nicht zu unterzeichnen – was aber verfassungswidrig passiert ist –, um diese An­wendungen zu verhindern.

Es ist völlig strittig, ob ein Land diese vorläufigen Anwendungen noch jemals wird ein­fangen können. Auch dazu gibt es schon mehrere Rechtsexpertisen, aber allein darum geht es nicht. Die Bundesländer, vertreten durch neun Landeshauptleute, der Bundes­rat mit großer Mehrheit und der Nationalrat haben beschlossen, dass die Regierung nichts unterzeichnen soll, wo eine vorläufige Anwendung vorgesehen ist. Jetzt ist im Rat der Europäischen Union zugestimmt worden. Im Übrigen trägt das Ganze die Un­terschrift des Herrn Kurz, nur nebenbei bemerkt, der sich da immer fein heraushält – aber natürlich ist das Außenministerium voll involviert. Mitterlehner wollte das sowieso, der ist wenigstens immer zu seiner Meinung gestanden, das muss man sagen.

Letztlich ist es jetzt im Ergebnis aber so, dass nicht nur das, sondern auch die beiden anderen Punkte gebrochen wurden, und zwar wissentlich und von vorne bis hinten: Schiedsverfahren sind vorgesehen, das Vorsorgeprinzip ist durchbrochen – da könnte man noch juristisch streiten, aber das passiert ja nicht, da wird nur herumgegaukelt –, und drittens ist die vorläufige Anwendung sogar schon im Ratsbeschluss drinnen. Da sagen die Vertreter der Nationen, also Herr Kurz: Okay, das und das und das darf vor­läufig angewendet werden! – Und das wollen wir uns nicht gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb ist es eine hygienische Notwendigkeit, dass wir uns auch auf diese Art und Weise damit beschäftigen, und dass jetzt das Volksbegehren zu diesen Abkommen so erfolgreich war, wird uns nicht daran hindern, das trotzdem zu tun.

Es ist also einmal eine schöne Vorlage gemacht, und die Fragen beziehen sich genau darauf, was diesen Vorgang betrifft, und vor allem, wie wir diese Patsche zukünftig viel­leicht noch sanieren können, denn es ist ja nicht alles vorbei.

Kommen wir dazu, was Kanzler Kern gesagt hat und was er wirklich erreicht hat. Die Schiedsverfahren, das ist das, was allen nur auf die Nerven geht, im Übrigen auch in Kanada. Warum das nicht einfach herausgenommen worden ist, versteht bis heute kein Mensch. Die sind nämlich überhaupt erst Jahre, nachdem die anderen Mandate in den Verhandlungen mit Kanada gegeben wurden, genau als das TTIP-Mandat verge­ben wurde, hineingekommen.

Und das ist ja das Groteske und wirklich Ablehnenswerte und vor allem Intransparente, denn hier herinnen hat davon kein Mensch gewusst, weder vom Mandat bezüglich Ka­nada noch dass im Jahr 2013, im gleichen Moment, als mit den USA die TTIP-Ver­handlungen gestartet wurden, diese Formeln hineingekommen sind.

Wer war in vorderster Reihe dabei, nur um ein paar Monate später ein Inserat dagegen zu schalten? – Die österreichische Bundesregierung. Und laut den Protokollen aus den Ratsarbeitsgruppen, die man dazu lesen kann – die sind an sich ja nicht zu veröffentli­chen –, war Österreich – bis wir das alles aufgedeckt haben – ein Vorreiter dieser Schieds­systeme. Man bekennt sich dazu, dass man das immer wollte. Gleichzeitig ist die Bun­desregierung aufgetreten, wie sie aufgetreten ist.

 


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