Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 158

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stellungen, bis wir fertig sind, dann lest ihr den Text und könnt ihr darüber diskutieren!, und, wie zu erwarten ist, dann sagt: Jetzt ist es fertig, jetzt brauchen wir nicht mehr zu diskutieren!, nährt das natürlich Widerstand – und dieser Widerstand ist tief in der ös­terreichischen Bevölkerung angekommen. (Abg. Rädler: Und was sagt der Kern?)

Liebe Kollegin Winzig, ich schätze Sie ja als wirklich kämpferische Befürworterin dieser Freihandelsabkommen mit offenem Visier, aber die Verkäuferin, die du zitiert hast, hat wahrscheinlich auch das Gefühl, dass dieser Freihandel für sie persönlich keinen wirt­schaftlichen, keinen sozialen Aufstieg bringt. Sie wird sich wahrscheinlich Folgendes den­ken, und damit bleibe ich jetzt bei einem ganz simplen Beispiel, das immer wieder – nicht von mir, sondern von anderer Seite – gekommen ist; ich wiederhole es hier, vielleicht kannst du das der Verkäuferin sagen: Wenn 11 Prozent Zoll auf Mineralwasser gegen­über Kanada abgebaut werden, kann das natürlich zu einer Wirtschaftsbelebung füh­ren, aber vielleicht spürt die von dir zitierte Verkäuferin, dass sie dann in ihrem Ge­schäft Mineralwasser aus Kanada, aus den Rocky Mountains, verkauft, und in Kanada soll dann das Vöslauer Mineralwasser getrunken werden.

Natürlich, vom Volumen her steigert sich der Handel, aber ob das nachhaltig ist, ob das sinnvoll ist, ob das im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten ist, ist etwas an­deres. Daher auch die Grundskepsis.

Wir Sozialdemokraten sehen uns verantwortlich dafür, all diese Bereiche, die Nachhal­tigkeit in der Umweltpolitik, die Arbeitsbedingungen, die sozialen Auswirkungen, voran­zustellen und dann Ja oder Nein zu sagen. (Abg. Peter Wurm: Was heißt das jetzt? Was heißt das jetzt für die Sozialdemokratie?) – Das sage ich dir als Schlusswort.

Und noch einen Hinweis, weil der Initiator dieses Volksbegehrens, Bürgermeister Her­bert Thumpser, angesprochen wurde. Er hat gesagt, er hat irgendwann einmal nach ein paar Seiten aufgehört, den Text zu lesen. – Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die meis­ten Österreicherinnen und Österreicher lesen nicht alle Gesetzestexte bis zum Schluss, aber sie spüren politisch und sozial, ob da etwas Gutes für sie passiert oder etwas Ne­gatives. (Abg. Walter Rosenkranz: Na, was machts ihr jetzt? – Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Deshalb ein herzliches Dankeschön nicht nur an Herbert Thumpser und seine Mitstrei­terinnen und Mitstreiter, sondern auch an all diejenigen, die aus unterschiedlichen Grün­den dieses Volksbegehren unterstützt haben, die uns einen Auftrag mitgeben. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Rädler: Und was sagt da jetzt die SPÖ?)

Als konkrete Antwort – danke für den Zwischenruf, Kollege Rädler –: Dieses Abkom­men ist in der derzeitigen Verfasstheit für uns nicht ratifizierbar! (Ruf bei den Grünen: Richtig!) Es gibt offene Fragen. Wir können jetzt den Weg diskutieren, ob wir in Rich­tung Verbesserung dieses Abkommens arbeiten wollen oder ob wir es sofort ad acta legen. (Abg. Peter Wurm: Trotzdem, wenn das …! Es tritt in Kraft, Herr Kollege!)

Da bin ich beim Kollegen Kogler: Es nützt uns nichts, wenn Kollege Kogler zum Bei­spiel EU-Grundrechte infrage stellt. Das mag eine Debatte beleben, das mag hier he­rinnen im Diskurs vielleicht witzig wirken, aber es verunsachlicht die Debatte. Wir ha­ben im EU-Grundrecht das Nachsorgeprinzip klar verankert. Es gibt dagegen viele an­dere politische Fragen, die ganz offensiv diskutiert werden.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Wir sind deshalb so skeptisch, weil die Menschen ein Grundgefühl haben, Angst haben, dass Deregulierungsmaßnahmen, Liberalisierungsmaßnahmen ihre sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen nicht ver­bessern, sondern verschlechtern.

Deshalb lade ich ein, dass wir weiterverhandeln im Sinne eines europäischen und von mir aus kanadischen, eines gemeinsamen sinnvollen Mechanismus, wie wir die sozia-


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