Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll165. Sitzung / Seite 55

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Ich versuche, einen Faden zu finden bei all dem, was vorgekommen ist. Ich glaube, die Botschaft ist kurz, die Botschaft ist relativ simpel, daher beschäftigt mich viel mehr, wie sehr von ÖVP- und teilweise auch von SPÖ-Seite auf diese Debatte eingegangen wird. Mein Vorredner von der ÖVP hat ja nur bestätigt und Ihnen mehr oder weniger schon ein Koalitionsangebot gemacht (Abg. Deimek: Das tut euch weh, das ist ganz klar! Aber mit euren 12 Prozent?!), zumindest was sozialpolitische Themen anlangt. Ich frage mich wirklich: Was gefährdet unser Sozialsystem wirklich? (Ruf bei der FPÖ: Die Grünen!) Ist es die permanent in Rede gebrachte Pflegerin, die 24-Stunden-Betreuerin, die uns angeblich so viel wegnimmt? Oder ist es zum Beispiel die ewig lange Debatte um die Mindestsicherung im letzten Jahr, die von Schwarz und Blau, die dank schwarz-blauer Koalitionen angetrieben worden ist, die in einigen Ländern, in Niederösterreich und Oberösterreich, sogar bis an die Spitze getrieben worden ist, in der es darum gegangen ist, Menschen auszugrenzen? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Machen wir es wie in Wien, keine Kontrollen!)

Es ist immer nur um die Frage gegangen: Wie und wem können wir noch mehr wegnehmen? Es ist immer nur darum gegangen: Wie können wir Menschen (Abg. Kickl: Unglaublich bei diesem rot-grünen Saustall, der in Wien herrscht!), wie können wir Menschen, die sich in unserem Sozialstaat bereits ganz unten in der Hierarchie befinden, noch etwas wegnehmen? Leider ist es in der Debatte nie darum gegangen: Wie schaffen wir es, Menschen von der Mindestsicherung wegzubringen? Wie können wir Inklusion gewährleisten, damit Menschen am Arbeitsmarkt Fuß fassen, damit sie Arbeitsplätze finden? Wie finden wir neue Arbeitsplätze in Bereichen, wo wir sie brauchen, nämlich in der Bildung, im Sozialbereich, in der Pflege? Nein, Ihnen geht es nicht darum, Ihnen geht es darum, möglichst viele perfide Wege zu finden, Menschen etwas wegzunehmen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Darauf sind Sie spezialisiert mit immer neuen Steuervorschlägen!)

Somit wäre ich jetzt bei der 24-Stunden-Betreuerin, über die sehr viel gesprochen worden ist, und diese möchte ich jetzt einmal in diesen Raum hereinholen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Können Sie zum Thema gar nichts sagen?), denn ich glaube, wir vergegenwärtigen uns nicht, wie diese Frauen in Haushalten bei uns meis­tens leben. Sie arbeiten 24 Stunden – so heißt ihr Job: 24-Stunden-Betreuung –, sie arbeiten rund um die Uhr, sie pflegen unsere Eltern, unsere Großeltern, sie sind in jeder Minute da. Sie sind mitunter ziemlich überfordert mit ihrem Alleinsein, mit dem, was sie an Tätigkeiten zu vollbringen haben. Und wo sind ihre Kinder? – Ihre Kinder sind zu Hause, sind in Rumänien, in Ungarn, in der Slowakei. Das aber nicht des­wegen, weil sie ihre Kinder nicht gerne bei sich hätten, sondern weil erstens der Job das gar nicht erlaubt und weil sie es sich zweitens wahrscheinlich gar nicht leisten könnten, ihre Kinder zu sich zu holen. Es geht auch gar nicht, neben der 24-Stunden-Betreuung auch noch die Kinder um sich zu haben.

Diese Frauen kommen in der Regel alle zwei Wochen oder einmal im Monat nach Hause. Nur dann können sie ihre Kinder sehen. Darüber hinaus kommunizieren sie per Skype. Sie fühlen sich hier einsam und finden keinen Anschluss. (Abg. Deimek: Und was hat das mit der Höhe zu tun?) – Ja, das erkläre ich Ihnen jetzt, was das mit dem Thema Ihrer Aktuellen Stunde zu tun hat.

Sie behaupten, dass man diesen Frauen ganz einfach die Familienbeihilfe entziehen kann. Diese Frauen, die genauso Steuern bei uns zahlen und ein Recht auf die Familienbeihilfe haben, sollen sie nicht mehr bekommen, weil sie sie Ihrer Meinung nach nicht verdient haben. (Abg. Deimek: Das heißt, in Rumänien kostet alles so viel wie bei uns?! Das ist ein Kostenausgleich, Madame! – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Und die ÖVP – weil Sie auch zwischenrufen, Herr Rädler –, die ÖVP beteiligt sich munter an diesem perfiden Spiel des Wegnehmens. (Beifall bei den Grünen. – Abg.


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