Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll165. Sitzung / Seite 94

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Besorgnis erregende Zunahme von Angriffen auf medizinische Einrichtungen und Humanitäre Organisationen in Konfliktregionen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2015 der Bundesregierung (III-334 d.B.)

Die internationale Gemeinschaft ist in den vergangenen Jahren Zeugin eines er­schreckenden Trends zu Angriffen und Anschlägen auf Krankenhäuser, Medizine­rinnen und Mediziner und Patienten und Patientinnen in Konfliktregionen geworden. Der ehemalige VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon (2007-2016) sprach am 18. August 2016 von einer wachsenden Unsicherheit für medizinische Einrichtungen. Laut der Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen wird die Nichtbeachtung medizinischer Unpar­teilichkeit gerade zum neuen völkerrechtswidrigen Standard in der Kriegsführung. Allein 2015 wurden 106 Luft- und Artillerieangriffe auf 75 Krankenhäuser, die von Ärzte ohne Grenzen geführt oder unterstützt wurden, dokumentiert. Die Weltgesund­heits­organisation WHO berichtet von 594 gemeldeten Angriffen, die es in den Jahren 2014 und 2015 in 19 Ländern gegeben hat. Das Internationale Rote Kreuz dokumentierte 2400 Angriffe in den Jahren 2012-2014. Hospitäler in Afghanistan, der Zentralafri­kani­schen Republik, im Südsudan, in Syrien, der Ukraine und im Jemen würden regel­mäßig mit Bomben angegriffen, überfallen, geplündert oder bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Bedrohungslage für Medizinerinnen und Medizinern und Patientinnen und Patienten hat enorm zugenommen.

Die Angriffe töten und verwunden nicht nur unmittelbar Helfer und Patienten. Sie zer­stören die medizinische Infrastruktur und somit auch langfristig die Gesundheits­versorgung in jenen Regionen, wo sie am Rarsten und zuweilen am Nötigsten ist. Neugeborene, Kleinkinder, Schwangere und Mütter, die besonders auf eine funk­tionierende Gesundheitsversorgung angewiesen sind, wagen sich zum Teil aus Angst vor Angriffen nicht mehr in die wenigen bestehenden medizinischen Einrichtungen.

Krankenhäuser, ihr medizinisches und administratives Personal und die Patienten sind eigentlich durch die Genfer Konventionen, die von 196 Staaten ratifiziert worden sind und ihren Zusatzprotokollen geschützt. Schwere Verletzungen der Konventionen gelten auch nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs als Kriegs­verbrechen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat als Reaktion auf die zunehmenden Angriffe auf Krankenhäuser und medizinisches Personal am 3. Mai 2016 die Resolu­tion 2286 verabschiedet, in der er Gewalttaten, Drohungen und Angriffe gegen Ver­wundete und Kranke, medizinisches und humanitäres Personal, das sich aus­schließ­lich mit medizinischen Aufgaben befasst, auf ihre Ausrüstung und Transportmittel sowie Krankenhäuser verurteilt. Die Resolution erinnert die Konfliktparteien zudem an ihre Völker- und Menschenrechtsverpflichtungen und fordert sie auf, derartige Verstöße zu verfolgen und zu bestrafen.

Allerdings sind die Angriffe auf Krankenhäuser und Hospitäler auch danach nicht abge­klungen. Die zahlreichen Vergehen während des Kampfes um Aleppo verdeutlichen dies ebenso, wie der zeitweilige Rückzug von Ärzte ohne Grenzen aus dem Nordjemen.

Der damalige VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat dem Sicherheitsrat in Umsetzung von Resolution 2286 am 18. August 2016 13 Vorschläge unterbreitet, wie die inter­nationale Gemeinschaft auf die zunehmenden Attacken reagieren sollte, um diese für die Zukunft wirksam einzudämmen. Unter anderem fordert der Generalsekretär die Mitgliedstaaten auf, ihre Möglichkeiten der Einflussnahme gegenüber Konfliktparteien


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