Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll165. Sitzung / Seite 184

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kommen. Auf Vollzeitäquivalente gerechnet ist es nämlich nicht gesunken, das muss man saubererweise dazusagen.

Ich habe Tränen in den Augen gehabt, als Professor Rossmann hier gestanden ist und uns erklärt hat, dass so viele Leute gerne mehr arbeiten würden und das leider nicht dürfen, weil die bösen Chefs sie nicht lassen. Tatsächlich ist es ja so: Das WIFO hat vor fünf Tagen eine Studie herausgegeben, wonach 9 Prozent der Österreicher gerne mehr, aber 20 Prozent der Österreicher gerne weniger arbeiten würden. Jeder, der einmal in der Wirtschaft tätig war – in einem Angestelltenverhältnis und vielleicht nicht in einer Kammer, in der Sozialversicherung oder als Beamter –, der weiß, dass man in Situationen kommt, wo man vielleicht ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger arbeiten würde, je nachdem wie die Familiensituation ist, ob man gerade ein Haus baut oder ob man neben dem Beruf einem Studium nachgeht. Da hat man eben Wünsche, die Arbeitszeit zu verändern, und nicht immer lässt die berufliche Situation das zu. Es wäre ehrlich, das so zu sagen.

Der Einkommensbericht und der morgen zu debattierende Sozialbericht beleuchten ähnliche Themen, unterscheiden sich aber in manchen Zahlen wesentlich. Zum Beispiel sagt der Sozialbericht, es gäbe 340 000 geringfügig Beschäftigte, und der Einkommensbericht spricht von 250 000. Was jedenfalls beide Berichte sagen: Die Zahl der geringfügig Beschäftigten nimmt massiv zu, was ja bei Teilzeit generell der Fall ist. Was auffällt, das ist eine statistische Häufung der Einkommen von geringfügig Beschäftigten rund um 400 €, also um die maximale Grenze der Geringfügigkeit. Das zeigt schon, dass Menschen in der Geringfügigkeit gehalten werden, weil sie wissen: Wenn ich ein paar Euro mehr verdiene, dann ist das Dienstverhältnis vollver­siche­rungspflichtig, und dann fallen zum Beispiel Sozialleistungen zur Gänze weg.

Das ist zum Beispiel entscheidend für Arbeitslosengeldbezieher und Notstandshilfe­bezieher, die geringfügig dazuverdienen, aber 1 € mehr dann eben nicht mehr verdienen dürfen. Da brauchen wir flexiblere Systeme, damit die Menschen nicht in diesen geringfügigen Dienstverhältnissen festgehalten werden, sondern einen Anreiz haben, mehr zu arbeiten und wieder in vollwertige Arbeitsverhältnisse zu kommen.

Was der Einkommensbericht auch bestätigt, ist eine Problematik der rückgängigen Pensionshöhen. Das streiten ja die Apologeten des sicheren Pensionssystems immer ab, aber der Einkommensbericht weist aus, dass die Neupensionen um 19 Prozent niedriger sind als im Vorjahr – bitte, von 2014 auf 2015 um 19 Prozent! Gut, der Sozialbericht sagt, es seien nur 5 Prozent. Aber selbst wenn die Neupensionen um 5 Prozent niedriger sind als ein Jahr davor, sieht man, dass die erste Säule in ihrer Leistungskraft massiv nachlässt.

Was wir eigentlich wollen, ist, dass die Menschen im Alter gut abgesichert sind. Die Österreicher wollen gerne früh in Pension gehen, und da haben wir einen Zielkonflikt, weil ja das Ergebnis nicht sein kann, dass wir noch mehr Schulden machen oder die Beiträge noch weiter erhöhen. Der Sozialminister und die Bundesregierung ver­schließen die Augen vor einem Problem, das in den nächsten Jahren immer größer werden wird, weil die Ersatzraten zurückgehen, weil die Pensionen zurückgehen wer­den und weil wir auf eine Altersarmut zusteuern werden. Deswegen muss man den Menschen ehrlich sagen: Wenn wir das Niveau der Versorgung im Alter aufrecht­erhalten wollen, dann müssen wir einen Teil der zusätzlichen Lebensspanne, einen Teil dessen, um das wir länger leben, auch länger arbeiten, und dann geht es sich auch aus, das Niveau der Pensionen aufrechtzuerhalten. Dann müssen wir uns auch wegen der Altersarmut keine Sorgen machen. Wenn wir die Menschen aber anlügen und ihnen sagen, es sei alles kein Problem, es sei alles super, dann machen wir ihnen etwas vor.

 


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