Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 58

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Augen schauen? Wir wissen nämlich eines: Auch wenn wir sagen können, dass es uns im Moment gut geht – und ich denke, das ist eine legitime Aussage –, ist es auch nicht falsch, zu sagen, dass die Generationen, die nach uns kommen, eine ganz andere Si­tuation vor Augen haben werden, wenn wir diese Probleme nicht lösen.

Das gilt vor allem beim Thema Pensionen, denn das Alleroffensichtlichste, das auch heute wieder geleugnet wurde, ist die schiere Unfinanzierbarkeit dieses Systems österreichi­scher Bauart, wenn es weiterhin so gelebt wird. Was das in diesem Bericht am ehesten zeigt, ist die theoretische Berechnung auf Seite 68, derzufolge die Ersatzrate im Jahr 2053 mit dem aktuellen Pensionsrecht 71,2 Prozent betragen sollte. – Das wären so oder so 10 Prozent weniger, als die tatsächliche Ersatzrate im Jahr 2015, die ja auch durch die Steuer mitfinanziert wird.

Das heißt, wir weisen hier minus 10 Prozent im Jahr 2053 als Ziel aus, und zwar mit einem Standardfall, der zur Berechnung verwendet wird, der einen einfach nur noch zum Lachen bringen kann. Daran sieht man auch, mit welchen Berechnungsmethoden hier vorgegangen worden ist, um sich das Ganze schönzureden. Der Standardfall, von dem man ausgeht, ist, dass jemand im Alter von 25 bis 65 Jahren durchgängig – ohne Unterbrechung! – einer Beschäftigung mit dem angeführten Durchschnittsgehalt nach­geht. – Das ist nicht der Standardfall, das ist nicht die Regel, das ist die Ausnahme!

Wir können nicht davon ausgehen, dass wir da mit einem durchschnittlichen Beamten rechnen können, und von dem ausgehend unseren Sozialbericht erstellen. (Beifall bei den NEOS.) Das gilt ganz besonders bei Frauen, denn der Standard bei Frauen be­treffend Beschäftigung ist eigentlich das, was laut diesem Bericht vollkommen anormal ist, denn deren Erwerbsbiografien sind häufig von folgenden Dingen gekennzeichnet: einem unterdurchschnittlichen Verdienst, oft aufgrund von Teilzeitarbeit über mehrere Jahre, teilweise langen Erwerbsunterbrechungen wegen Kindererziehung aufgrund von fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten – deshalb natürlich auch nicht einmal ansatz­weise einer durchgehenden Beschäftigung über 40 Jahre hinweg, und schon gar nicht bis zum 65. Lebensjahr, weil wir Frauen bewusst diskriminierend früher in Pension schi­cken.

Im Übrigen, so habe ich mir erzählen lassen, hat es auch der deutsche Sozialausschuss so gesehen, dass es eine ungerechtfertigte Diskriminierung von Frauen ist, dass sie frü­her in Pension gehen müssen – nicht, dass sie früher in Pension gehen dürfen, dass sie eine geringere Pension haben dürfen –, und dass man es ihnen verweigert, sich wei­terzubilden, dass man es ihnen verweigert, mehr zu verdienen, dass man es ihnen ver­weigert, Karriere zu machen.

Eine Frau geht in Österreich im Jahr 2015 im Schnitt mit 59,2 Jahren in Pension. Das heißt, dass die Frauen jetzt schon mindestens fünf Jahre vor dem Standardfall in Pen­sion gehen. Wie soll sich das ausgehen? Wie soll diese Rechnung aussehen? – Zu glauben, der Grund dafür, dass die Menschen der Meinung sind, dass sich das Pen­sionssystem nicht mehr rechnet, ist jahrzehntelange neoliberale Propaganda und nicht die Unfinanzierbarkeit des Systems, ist eigentlich eine Beleidigung der gesamten Be­völkerung. Der Grund dafür, dass die Menschen die Behauptung, dass sich das Pen­sionssystem tatsächlich noch rechnet und die Pensionen sicher sind, nicht mehr ein­fach so schlucken wollen, ist, dass sie alle nicht deppert sind. Das ist nicht neoliberale Propaganda, das ist Common Sense. (Ruf bei den Grünen: NEOS-Common-Sense!)

Wenn man das weiterhin leugnet, dann muss man sich wirklich die Frage stellen: Cui bono? Wer hat eigentlich etwas davon, dass wir dem Ganzen nicht in die Augen sehen und geradeaus – vielleicht mit geschlossenen Augen – gegen die Wand fahren? (Bei­fall bei den NEOS.)

11.34

 


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