Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 56

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menden Equal Pay Day haben ja alle Medien in Österreich wieder einmal einen An­lass, darüber zu schreiben oder einmal im Jahr darüber zu sinnieren, warum wir in Ös­terreich immer noch nicht weiter sind, aber ich glaube, dass genau darin die Wurzel des Problems liegt: Es reicht eben nicht, einmal im Jahr über schnelle Lösungen zu sprechen, wenn man nicht bereit ist, sich anzuschauen, welche strukturellen Rahmen­bedingungen es tatsächlich sind, die zu dieser Situation in Österreich führen und ge­führt haben. Das ist nun einmal sehr komplex und auch politisch schwer zu erklären, denn da sind auch ein paar unangenehme Wahrheiten dabei, die uns alle dazu bringen müssten, unsere, sagen wir einmal, eigenen Rollenbilder, die wir schon länger veran­kert haben, zu hinterfragen und auch zu hinterfragen, ob wir wirklich bereit sind, uns grundsätzlich dafür einzusetzen, dass alle Frauen in Österreich selbstbestimmt und unabhängig leben können, denn dafür sind einige Änderungen notwendig.

Frau Ministerin! Sie haben auch schon im Interview im „Standard“ gesagt, dass Sie zur Lösung der Probleme alle Regierungsmitglieder brauchen. – Ich stimme dem zu, ich glaube, dass alle Ministerinnen und alle Minister FrauenministerInnen sein sollten. Wir werden die Probleme sonst nicht lösen können. Es gibt vielerorts Probleme, gerade im sozialpolitischen, im arbeitsmarktpolitischen Bereich, deren Lösung wir angehen müs­sen, speziell wenn wir das Thema der Lohnschere in Angriff nehmen wollen.

Sie haben im „Standard“ auch gesagt, dass zum Schließen der Lohnschere folgende Maß­nahmen notwendig wären: Lohntransparenz und der Mindestlohn, den Sie heute auch wieder angesprochen haben. – Meine These ist, dass weder Gehaltstransparenz in Be­trieben noch der Mindestlohn die Lohnschere von heute auf morgen schließen werden.

Wir schauen immer wieder gerne auf Länder wie Schweden, Island, Norwegen, die scheinbar alles besser gemacht haben, in denen Frauen und Männer so gut wie mög­lich gleichberechtigt sind, in denen es fast schon eine Fifty-fifty-Aufteilung der Betreu­ungsverantwortung gibt, in denen Männer und Frauen, beide Geschlechter in Teilzeit ge­hen, in denen Frauen nicht früher in die Pension gedrängt werden, nicht in Altersarmut landen. Ja, und dann suchen wir nach einer magischen Lösung, die uns nach jahrzehn­telanger Untätigkeit von heute auf morgen, plötzlich in die utopische Zukunft führen soll.

Genauso wie man von heute auf morgen kein Studium abschließen kann oder von heute auf morgen auch nicht die magische Verwaltungsreform zustande bringen kann, wird das, glaube ich, auch beim Gender Pay Gap nicht funktionieren. Wenn es so wä­re, dass es so einfach zu lösen ist, müsste man sich nämlich fragen, warum wir das nicht schon längst gemacht haben.

Sie haben auch gesagt, dass Sie mit anderen Organisationen ins Gespräch kommen wollen und sich anhören möchten, welche Lösungsvorschläge diese zum Thema Gen­der Pay Gap haben. Wir bringen gerne auch unsere Vorschläge ein. Das sind aber kei­ne allzu einfachen, und die sind auch nicht einfach zu kommunizieren, weil es sich eben um ein komplexes Problem handelt.

Es geht hier einerseits um die teilweise staatlich subventionierte konservative Rollenzu­schreibung. Dazu hat es gerade im Vorarlberger Landtag eine Debatte gegeben, was offensichtlich auch zu Spannungen in der schwarz-grünen Landesregierung geführt hat, weil es da immer noch Leistungen gibt, wie den Vorarlberger Familienzuschuss, die ganz explizit darauf abzielen, ein altes, konservatives Frauenbild einzuzementieren, mit Steu­ergeldern, und das ist etwas, was wir uns als Gesellschaft heute nicht mehr leisten kön­nen. Wir müssen uns deshalb dringend anschauen, welche mit Steuergeldern finanzier­te Leistungen es in ganz Österreich gibt, mit denen wir die staatliche Ungleichbehand­lung weiter fortschreiben.

Kollegin Schittenhelm, Sie haben gesagt, es gibt einen Unterschied von 21 Prozent beim Lohn für denselben Job. Genau das sagt aber der Gender Pay Gap nicht aus,


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