Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 61

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kanzler Kern und Außenminister Kurz – Streit, Streit, Streit. Ankündigungen, Marketing und Streit, das ist aus unserer Sicht sozusagen das Zwischenresümee über die Regie­rungsarbeit.

Schauen wir uns kurz an, worum es im Deregulierungsgrundsätzegesetz geht! Es sind Allgemeinplätze, die da formuliert wurden, die bereits Gegenstand von Abhandlungen von Kabarettisten sind, es gibt auch einen sehr guten Artikel in der „Wiener Zeitung“ – also Gesetze, die Anlass sind, die Stoff bieten für Kabaretts. Es sind Allgemeinplätze wie – ich zitiere § 1 Abs. 2 des Gesetzes –: „Es ist sicherzustellen, dass der aus der Er­lassung von Bundesgesetzen resultierende bürokratische Aufwand sowie die finanziel­len Auswirkungen für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen gerechtfertigt und adäquat sind.“ – No na! (Rufe bei der FPÖ: Boah!) Das muss man jetzt offensicht­lich in ein Gesetz schreiben. „Zur Vermeidung weiterer Belastungen wird jede Neure­gelung, aus der zusätzlicher bürokratischer Aufwand oder zusätzliche finanzielle Aus­wirkungen erwachsen, nach Tunlichkeit [...] kompensiert.“

Justizminister Brandstetter ist jetzt leider schon gegangen, aber „nach Tunlichkeit“ ist das Hintertürl. Damit wird festgelegt: Wenn es nicht tunlich ist, dann nicht! – So viel zur Bindung und der Relevanz. Als Jurist muss ich im Übrigen sagen, dass die Bindung hier zum einen nicht gegeben beziehungsweise nicht nachvollziehbar ist; zum anderen sind in allen Paragrafen, in allen Absätzen Hintertürln wie eben die Formulierung „nach Tunlichkeit“ enthalten – dann stellt man halt fest, das sei nicht tunlich oder nicht oppor­tun, und dann wird das eben nicht gemacht.

Worum geht es da? – Um die sogenannte One-in-one-out-Regelung, eine grundsätzli­che Sache, aber da brauche ich bitte kein Grundsatzgesetz, das so etwas regelt, noch dazu ohne Umsetzungskompetenzen beziehungsweise ohne Umsetzungsauswirkungen.

Es geht weiter mit dem Gold Plating: „Bei der Vorbereitung der Umsetzung von Rechts­akten der Europäischen Union ist darauf zu achten,“ – wie scharf ist diese Selbstver­pflichtung? – „dass die vorgegebenen Standards nicht ohne Grund übererfüllt werden.“ – Wieder zwei Hintertürln, ein Allgemeinplatz mit zwei Hintertürln. (Beifall bei der FPÖ.)

Sunset Clause, auch so eine Sache: das Außerkrafttreten beziehungsweise das von vornherein befristete Festlegen von Gesetzen. Hier steht: „Rechtsvorschriften des Bun­des sind in angemessenen Zeitabständen“ – angemessen ist ein dehnbarer Begriff – „zu evaluieren; sie sollen nach Möglichkeit nur für einen bestimmten, von vornherein festgelegten Zeitraum in Geltung treten.“ – Auch „nach Möglichkeit“ ist absolut unbe­stimmt. In Wirklichkeit ist das also ein Marketingpapier, in Gesetzesform gegossen. Wie gesagt: die Regulierung der Regulierung der Deregulierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Woran es uns in diesem Land mangelt, geht ja viel tiefer. Es mangelt an einer be­stimmten Kultur. In § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes werden Grundsätze der Wirkungsorien­tierung angesprochen. Wir wissen aus eigener Erfahrung, wir haben in unserem Land eben keine Kultur, Ziele zu setzen, klar zu planen, sich ganz genau zu überlegen, wel­che Wirkungen man mit bestimmten Maßnahmen erreichen will, und das Ganze zu eva­luieren.

Kollegen und Kolleginnen von mir, die in den entsprechenden Ausschüssen sind – Fi­nanzausschuss, Budgetausschuss et cetera –, wissen, wenn ich wirkungsorientierte Fol­genabschätzung sage – da entsteht bei allen ein Lächeln im Gesicht –, das ist in Wirk­lichkeit von der Qualität her höchstgradig überschaubar, ich sage es einmal so: keine klaren Zieldefinitionen, teilweise überhaupt keine Quantifizierungen – und da spricht man dann von Evaluierung, also einem Soll-Ist-Vergleich. Wie wollen Sie eine Evaluierung machen, wenn Sie das vorher gar nicht genau festgelegt haben? Das scheitert also schon an der grundsätzlichen Kultur und am Zugang – und das wird man mit so einem Marketinggesetz nicht ändern können.

 


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