Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 196

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auf den Herbst zu verlegen und zeitgleich mit dem Entwurf des Bundesfinanzgesetzes für das folgende Finanzjahr zu beraten und zu beschließen. Damit wird der zweistufige Budgetprozess ausgehebelt. Dieser sieht derzeit vor, dass im Frühjahr die verbindliche mittelfristige Budgetplanung einschließlich der Festlegung von budgetpolitischen Zielen und Strategien erfolgt. Darauf aufbauend wird der Bundesvoranschlag für das folgende Finanzjahr samt den dazugehörenden Maßnahmen im Herbst beschlossen. Das war auch der Geist, von dem das neue Haushaltsrecht getragen war, das internationalen Beispielen folgend nach jahrelangen Beratungen einstimmig beschlossen wurde. Die Mehrheit der EU-Staaten mit mittelfristiger Haushaltsplanung hat ein vergleichbares Pro­zedere.

Mit der Verschiebung der mittelfristigen Budgetplanung auf den Herbst in den Jah-
ren 2017 und 2018 ist eine Reihe von Nachteilen verbunden:

1. Der Prozess im Frühjahr hat derzeit Schwächen, allen voran ein eklatantes Strate­giedefizit und die mangelhafte Selbstbindung der Regierung an die eigene verbindliche mittelfristige Planung. Diese Schwächen rechtfertigen jedoch keine Verlagerung der mit­telfristigen Makro-Planung einschließlich der Ziel- und Strategiedebatte in den Herbst. Der Budgetprozess im Herbst wird durch diese Änderung überfrachtet, wodurch die sau­bere Trennung zwischen Planungs- und Umsetzungsphase im Budgetierungsprozess verloren geht. Ziel muss es daher sein, die Ziel- und Strategiedebatte im Rahmen der mittelfristigen Haushaltsplanung weiterhin von der detaillierten Mikro-Budgetdebatte im Herbst zu trennen und die genannten Schwächen zu beheben.

2. Durch die Verschiebung der mittelfristigen Planung werden jene Mitwirkungsrechte des Parlaments in Budgetangelegenheiten entscheidend geschwächt, die mit dem neu­en Haushaltsrecht geschaffen wurden. Die öffentlichen Debatten zum Bundesfinanz­rahmen, die bisher an zwei Plenartagen stattfanden, wurden durch ein öffentliches Hea­ring im Budgetausschuss ergänzt. Beides entfällt. Zudem stehen wesentliche Informa­tionen, etwa die detaillierte Schätzung der öffentlichen Abgaben und anderer Einnah­menkategorien nicht mehr zur Verfügung. Dies trägt zur weiteren Intransparenz in Bud­getangelegenheiten bei, obwohl die Schaffung von Transparenz ein wesentliches Ziel der Reform des Haushaltsrechts war, das sogar als Grundsatz in der Bundesverfas­sung verankert wurde. Ziel bei Einführung des neuen Haushaltsrechts war eine Stär­kung der Rolle des Parlaments im Budgeterstellungsprozess. Die Verschiebung er­weist sich daher insgesamt als demokratiepolitischer Rückschritt.

3. Derzeit läuft die im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung vorge­sehene externe Evaluierung des Haushaltsrechts durch internationale Organisationen (IWF, OECD) sowie durch das Institut für öffentliche Betriebswirtschaftslehre (Prof. Dr. Iris Saliterer). Es werden also mitten in einem Evaluierungsprozess unüberlegt und übereilt Änderungen vorgenommen, ohne die Ergebnisse der Evaluierung abzuwarten. Die Kos­ten der externen Evaluierung betragen nach Angaben des Bundesministeriums für Fi­nanzen rund 200.000 Euro.

Am 16.2.2017 haben sich Expertinnen und Experten im parlamentarischen Haushalts­rechtsbeirat, der die Evaluierung zum Haushaltsrecht begleitet, in einer ersten Stellung­nahme mehrheitlich gegen eine übereilte Änderung des zweistufigen Budgetprozesses ausgesprochen.

In den letzten Jahren wurden Beschlüsse zu Änderungen im Haushaltsrecht stets ein­stimmig und nach sorgfältiger Diskussion gefasst, da es sich um eine Kernmaterie des Parlaments handelt. Bei den im Ausschuss beschlossenen Änderungen wurde diese Vorgangsweise durchbrochen.

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