Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 239

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

nem Schwangerschaftsabbruch nicht österreichweit gewährleistet ist, können auch kei­ne sinnvollen Daten erhoben werden.“

Das sagt übrigens auch das Österreichische Hebammengremium in seiner Stellung­nahme. Es nennt weiters als Grund dafür, warum man Deutschland nicht gut für einen Vergleich heranziehen kann, den Umstand, dass das dort zuständige Bundesamt in sei­nem Bericht auch nur von einem „Überblick über die Größenordnung“ spricht und eben nicht von einer genauen Erhebung der konkreten Zahlen.

Ein lustiges Detail am Rande: Ich glaube, es ist auch schwer vorstellbar, dass sich eine Partei wie die ÖVP dafür einsetzen würde, dass man über jeden privat bezahlten Ein­griff eine Datenerhebung macht, wie zum Beispiel: Wie viele schönheitschirurgische Ein­griffe oder wie viele Augenlaserbehandlungen oder was auch immer gibt es, und was sind die Gründe dafür? Die Ärztekammer scheint das zu wollen, denn in ihrer Stellung­nahme steht: „Datenerhebung bildet eine wichtige Grundlage der modernen evidenzba­sierten Medizin. Davon sollte kein medizinischer Bereich ausgespart werden.“ – Da bin ich einmal gespannt.

Auch sagen viele, dass sie die Fristenlösung nicht antasten wollen. Da bin ich mir manchmal nicht ganz sicher. In der Stellungnahme des Landes Vorarlberg steht, dass es ein langfristiges gesundheitspolitisches Ziel des Landes ist, die Anzahl der Schwan­gerschaftsabbrüche möglichst gering zu halten. Das ist deshalb interessant, weil man in Vorarlberger Landeskrankenhäusern gar keinen Schwangerschaftsabbruch durchfüh­ren kann. Es gibt dort einen einzigen Arzt, der das macht, einen einzigen Arzt für das ganze Bundesland!

Noch ein Mythos: Wir wissen nicht, warum Frauen abtreiben. – Natürlich wissen wir das! Es gibt unzählige wissenschaftliche Untersuchungen dazu in Österreich, in Europa, auf der ganzen Welt. Wir kennen die Gründe, warum Frauen abtreiben: Schwierigkeiten in der Partnerschaft oder bereits abgeschlossene Familienplanungen – es sind oft Frau­en, die schon Kinder haben, die keine weiteren wollen –, finanzielle oder berufliche Un­sicherheit oder auch hohe Berufszufriedenheit, das kann auch ein Grund sein.

Es gibt sogar eine Studie, die sich explizit nur damit beschäftigt, wie intensiv sich Frau­en mit diesen unterschiedlichen Beweggründen auseinandersetzen. Das Institut für Fa­milienforschung rät in seiner Stellungnahme übrigens explizit davon ab, subjektive Grün­de für einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch abzufragen, unter anderem auch des­halb, weil Ärzte keine Sozialwissenschaftler sind. Auch das Land Niederösterreich weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass genaue Motivforschung wissenschaftlichen Studien vorbehalten sein sollte.

Letzter Mythos: Statistiken tragen dazu bei, dass es weniger Abtreibungen gibt. – Nein, überhaupt nicht! Aufklärung, Zugang zu Verhütung und ausreichende unideologische Be­ratung tragen dazu bei, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern. Die Frage ist ja ei­gentlich: Warum gibt es in Österreich so viele ungewollte Schwangerschaften? Auch da­zu gibt es aus dem Österreichischen Verhütungsreport ein paar Indizien, warum das so sein könnte: mäßig wirksame Verhütung, falsche Einschätzung der eigenen Fruchtbar­keit, erschwerter Zugang zu wirksamen Verhütungsmitteln und – auch interessant – zu­nehmende Angst vor hormonellen Verhütungsmitteln. Das sind nämlich immer noch die, die am einfachsten zugänglich sind; die nicht umsonst zu erhalten, aber dafür am wirksamsten sind.

Abschließend möchte ich hier festhalten, was das Österreichische Hebammengremium in seiner Stellungnahme gesagt hat: Es „erachtet Prävention und eine altersgemäße Aufklärung als wirkungsvollere Methoden, um unerwünschte Schwangerschaften zu ver­meiden und die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche zu reduzieren“. – Ich kann mich nur jenen anschließen, die ihr Leben damit verbringen, neues Leben in die Welt zu brin­gen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite