Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 240

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Ich hoffe, ich habe Ihnen damit erklärt, warum das mit der Statistik nicht so einfach ist. Wenn Sie alle ein ehrliches Interesse daran haben, Schwangerschaftsabbrüche prä­ventiv zu verhindern, dann gibt es ganz viele Möglichkeiten, die wir haben, ganz viele Lösungen, die auf dem Tisch liegen, die man sehr schnell umsetzen kann. Diese Sta­tistikdiskussion ist eine Scheindebatte und nicht ehrlich. Ich glaube, wir brauchen einen ehrlichen, offenen und enttabuisierten Zugang zu diesem Thema, weil es sehr viele Frau­en in ihrem Leben betrifft, weil das eine ganz schwierige Entscheidung ist, die viele Frau­en treffen. Deshalb freue ich mich darauf, dass wir in Zukunft noch öfter darüber reden können. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

20.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Es spricht nun Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


20.37.35

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte jetzt eigentlich überhaupt nicht zu diesem Thema sprechen, sondern zu etwas ganz anderem, aber ich möchte erstens einmal meiner Vorrednerin in ihrer Analyse, auch in ihrer Entlarvung der Scheinargumente, die ich wirklich genauso sehe, völlig recht geben und möchte vielleicht auch noch hinzufügen: Keine Frage, wir alle wün­schen uns weniger Schwangerschaftsabbrüche! Das ist vollkommen logisch, no na net! Ein Schwangerschaftsabbruch kann nie im Leben ein Ersatz für eine sinnvoll und richtig angewandte Verhütung sein. Wir wissen aber auch, dass wir eines der wenigen Länder in Europa sind, in denen nicht entweder Verhütungsmittel oder der Schwanger­schaftsabbruch durch die öffentliche Hand bezahlt werden. Damit hängt auch die Tat­sache zusammen – Sie haben es bereits gesagt –, dass es keine entsprechenden Sta­tistiken gibt: weil das eben nicht öffentlich bezahlt, nicht durch die öffentliche Hand be­deckt wird. Somit ist es ganz logisch, dass es darüber keine öffentlichen Aufzeichnun­gen gibt.

Wir wissen aber zum Beispiel aus dem Verhütungsreport von Christian Fiala, dass für die allermeisten Frauen das Hemmnis, zu guten, wirksamen, modernen und verlässli­chen Verhütungsmitteln zu greifen, der Umstand ist, dass sie es sich nicht leisten kön­nen. Das klingt jetzt vielleicht lächerlich, weil wir wissen, dass die Dreimonatsspritze, die Pille, was auch immer, keine Unmengen kosten. Natürlich tun sie das nicht, aber für Leute, die am Ende des Monats wirklich raufen, um ihren Kindern noch ein warmes Es­sen geben zu können, ist auch das sehr viel Geld.

Ich glaube daher, wir sollten wirklich darüber nachdenken, einen ganz anderen Ansatz zu suchen, und es zu unserem Ziel machen, für möglichst viele Frauen wie Männer – wir sollten da auch die Männer nicht aus der Verantwortung entlassen – den Zugang zu modernen Verhütungsmitteln zu schaffen. Wir sollten dafür sorgen, dass wir – und da ist Finnland exemplarisch als Beispiel zu nennen – guten Sexualkundeunterricht anbieten. Irgendjemand hat gesagt: Was hat Sexualkunde, was hat der „Sexkoffer“ im Kindergarten zu suchen? – Er hat überall etwas zu suchen! Dabei geht es nicht da­rum – wie letztens, als der Erlass zur Sexualerziehung erneuert wurde, behauptet wor­den ist –, Kindern im Kindergarten beizubringen, wie man sich selbst befriedigt oder sonst irgendetwas Skurriles. Das ist alles Schwachsinn. Darum geht es überhaupt nicht, sondern es geht darum, seinen Körper kennenzulernen, seinen Körper akzeptie­ren zu können, damit umgehen zu können, Grenzen setzen zu können, Nein zu sagen, wenn man etwas nicht will. Damit kann man gar nicht früh genug anfangen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das hat dann auch einen relaxten und normalen Zugang zur Sexualität und zur Verhü­tung, ein Darüber-Reden, wer verhütet, wie wir das machen, zur Folge. Ich halte einen sachlichen und evidenzbasierten Zugang zu dieser Frage auch für höchst notwendig.


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