Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll177. Sitzung / Seite 56

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beeinflusste Lebensmittel erzeugen – bei der Zuckerrübe sind es zum Beispiel 96 Pro­zent –, in der EU sind es noch 0 Prozent.

Wir wissen aber natürlich, dass jeder, der ein neues Freihandelsabkommen ab­schließen will, ein gewisses Interesse daran hat, seine Produkte in der Welt zu ver­kaufen. Das heißt, da wird ein enormer Druck entstehen, hier in Europa gentechnisch veränderte Organismen, Lebensmittel an den Mann zu bringen.

Man kann natürlich sagen, das seien neue Entwicklungen. Gentechnik gab es ja schon immer, jede Zucht ist, wenn man so will, Gentechnik in den Kinderschuhen; wir wissen aber nicht, was mit den neuen im Labor gezüchteten Erbinformationen im Menschen geschieht. (Abg. Walter Rosenkranz: Das weiß nur der Herr Matznetter!) Wir stehen da vor einer ganz neuen Herausforderung in der Wissenschaft. Ich sage, es könnte gut ausgehen, es könnte aber auch ganz schlecht ausgehen. Wir wissen – wissen­schaft­lich, sachlich, fachlich – einfach zu wenig.

Wir stehen in der Gastroenterologie, in der Magen-Darm-Medizin, bei der Erforschung der Darmflora, des sogenannten Mikrobioms, am Anfang. Das ist ein komplexer Apparat aus Myriaden von Bakterien, dessen Genom zehnmal so groß ist wie das Genom des Menschen. Das heißt, der Informationsapparat der Darmflora ist zehnmal so groß wie der des Menschen. Jetzt kommt von außen etwas Neues in den Körper. Das, was wir bis jetzt haben, die natürlichen Lebensmittel, die natürlichen, geschlach­teten Fleischsubstanzen et cetera, kennt der Körper seit vielen Jahrhunderten, Jahrtausenden, ja sogar Jahrmillionen und kann sie verstoffwechseln.

Wir wissen auf der anderen Seite – das ist heute schon kurz angeklungen – von Fettsuchtepidemien, von Allergieepidemien und so weiter. Wir sagen in der Gastro­enterologie, dass das Mikrobiom, also die Darmflora, womöglich hauptverantwortlich für die Entstehung und die Bildung von Allergien ist, für die Entstehung von Zucker­krankheit, für die Entstehung von Depressionen bis hin zur Schizophrenie, für Charak­tereigenschaften, dafür, ob jemand ein guter oder schlechter Futterverwerter ist. Wir wissen, dass dieses Mikrobiom, dieses genetisch zehnmal größere Apparatwesen, das in uns wohnt, für uns und eigentlich mit uns unser Leben bestimmt.

Wenn wir jetzt in ein Zeitalter eintreten, in dem zwangsläufig gentechnisch veränderte Lebensmittel in unsere Körper hineinkommen, weil wir es oft gar nicht wissen – in zehn bis zwanzig Jahren wird das aus meiner Sicht so sein, weil die Industrie ein ganz massives Interesse daran hat, das voranzutreiben –, dann müssen wir uns schon jetzt überlegen: Was machen wir konkret mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln?

Wir wissen, sie werden wesentlich billiger sein, wir kennen die Nahrungs­mittel­indus­trie – Monsanto, um nur einen Konzern zu nennen, und etliche andere, die weltweit Produkte erzeugen. Damit kann man natürlich auch Gutes tun; das ist die Argumen­tation dieser Konzerne. Sie sagen: Wir erzeugen billige Lebensmittel, wir werden den Hunger in der Welt bekämpfen! Was aber langfristig dabei herauskommt, das wissen wir alle noch nicht. Es gibt bis dato nur einige Tierversuche, in denen sich Kollegen in der Wissenschaft angeschaut haben, was gentechnisch veränderte Lebensmittel im Körper anrichten (Zwischenruf des Abg. Steinbichler), und da sind die Ergebnisse nicht so toll und begeisternd, dass man sagen kann, das werde ganz harmlos sein und den Menschen nicht schaden.

Wir kennen auch die ganz pragmatischen Hintertüren, die aufgemacht werden. Ich denke nur an das vom Kollegen Steinbichler immer wieder genannte Palmöl, ich denke nur an das vietnamesische Schweinefleisch, das an der Grenze ein Pickerl erhält – abgepackt in Österreich – und dann quasi als österreichisches Schweinefleisch ver­zehrt wird. Die Konsumenten wissen im Vorfeld oft gar nicht, was sie zu sich nehmen. Das heißt, wir müssen diesbezüglich das Bewusstsein schärfen und die Bürger dieses


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