Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 85

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Ich denke, wir müssen zwei Bereiche unterscheiden: Das eine ist die Frage, was man in Zukunft tut, wenn die Briten tatsächlich ausgetreten sind. Das wird wahrscheinlich mit April 2019 geschehen. Wir müssen uns aber auch Gedanken darüber machen, was nach dem Jahr 2020 sein wird, also dann, wenn der Finanzrahmen ausläuft.

Die österreichische Position ist klar: Es darf nicht zu mehr Beiträgen Österreichs an die Europäische Union kommen. Viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben selbst sehr angespannte Haushalte. Das liegt an der Flüchtlingsproblematik, das liegt an der hohen Arbeitslosigkeit. Viele Mitgliedstaaten haben eine sehr, sehr hohe Ju­gend­arbeitslosigkeit; einige Mitgliedstaaten, wie beispielsweise auch Frankreich, wo ein neuer Präsident gewählt wurde, der sich bereits im Amt befindet, haben über Jahre hinweg die Fiskalregeln nicht einhalten können. Die österreichische Position war immer: Man muss sich an die ausgemachten Fiskalspielregeln halten, denn es kann nicht sein, dass man das in Krisenzeiten immer aufweicht. Ich weiß aber, dass es dazu auch andere Meinungen gibt.

Was geht uns durch den Brexit verloren? – Der Europäischen Union geht sehr viel Wirtschaftskraft verloren. Betreffend die Budgetperspektiven werden uns in den nächsten Jahren circa 12,5 Prozent des gesamten EU-Budgets fehlen. Das ist schon ein großer Betrag, wenn man bedenkt, dass die Beiträge Österreichs in etwa 2,5 Prozent des gesamten EU-Budgets ausmachen.

Wir sind auch der Meinung, dass das Vereinigte Königreich seinen Verpflichtungen bis zum Jahr 2020 nachkommen muss, selbst wenn der Austritt im April 2019 durchgeführt wird. Man muss bedenken, dass an diesem Austritt viele andere Dinge hängen. Beispielsweise wirkt sich der Britenrabatt auch auf andere Länder aus, weil wir auch etwas davon gehabt haben. Das betrifft beispielsweise unseren Nachbarn Deutsch­land, das betrifft aber auch die Niederlande und Schweden. Wir dürfen durch diesen Austritt nicht noch zusätzlich belastet werden.

Wir sind der Meinung, dass die Briten jetzt einmal ihren Verpflichtungen, nämlich einer Forderung der Europäischen Union von 60 Milliarden € an das Vereinigte Königreich, nachkommen müssen.

Für uns stehen zwei Szenarien zur Verfügung, die beide nicht sehr optimal sind, möchte ich jetzt einmal sagen: Das erste Szenario ist, dass es zu einem harten Brexit kommt und die Briten nicht nur ausgetreten sind, sondern zusätzlich noch Rückflüsse von der Europäischen Union bekommen. Das wäre für uns ganz bitter, denn falls seitens der Europäischen Union die Ausgaben nicht gekürzt werden und dadurch eine Kompensation stattfindet, würde das für Österreich einen Mehrbeitrag von 1,3 Milliar­den € bedeuten. Das ist unvorstellbar, wenn man bedenkt, dass wir gerade in Öster­reich immer wieder auch über Spielräume reden, über zukunftsträchtige Maßnahmen, die notwendig sind und für die auch kein Geld vorhanden ist. Die österreichische Position ist also klar: Es können keine zusätzlichen Mittel an die Europäische Union fließen.

In einem besseren Fall wären von Österreich immer noch 900 Millionen € fällig, aber auch das ist ein wirklich sehr suboptimales Szenario.

Was kann man für die Zukunft tun? – Ich denke, es ist notwendig, dass wir uns über das Jahr 2020 hinaus Gedanken machen. Was kann die Europäische Union tun, um den Austritt der Briten zu verkraften? – Erstens sollte die Europäische Union Struktur­reformen vorantreiben. Wir brauchen auf jeden Fall Ausgabenanalysen inklusive einer Diskussion über europäische Mehrwerte.

Ich habe zuerst von der Flüchtlingsproblematik gesprochen: Europa oder besser ge­sagt einige Länder in Europa – das muss man leider Gottes so sagen –, zum Beispiel


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