Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 160

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

bedauern, aber es ist gesellschaftliche Realität. Genauso ist es gesellschaftliche Reali­tät, dass es gleichgeschlechtlich Liebende gibt und dass auch diese gleichgeschlecht­lich Liebenden – heute im Unterschied zu 1811 – nicht diskriminiert werden.

1811 oder auch noch 1930, 1950, 1960 sind diese Menschen noch mit dem Strafrecht bedroht worden. Heute ist das gesellschaftliche Empfinden Gott sei Dank ein anderes. Heute ist die gleichgeschlechtliche Liebe anerkannt und wird toleriert, ist aber nicht rechtlich gleichgestellt, und genau darum geht es in diesem Antrag.

Was ist das Ziel? – Wir haben das Ziel, dass die Ehe moderne rechtliche Rahmen­bedingungen bietet, wenn zwei Menschen Verantwortung füreinander übernehmen wollen – was an sich etwas Schönes ist –, aber wer und wie man das macht, das soll der Autonomie der Betroffenen obliegen.

Die Eheöffnung ist auch nichts, was hier als Experiment erstmals diskutiert wird, sondern es gibt zahlreiche Länder in Europa, vor allem in Westeuropa, wo die Ehe­öffnung für gleichgeschlechtliche Paare heute Realität ist.

Man denkt dabei natürlich an die skandinavischen Länder, die oft gesellschafts­politi­scher Vorreiter sind. Es ist aber nicht nur Skandinavien. Es ist auch Spanien, ein Land, das als eher katholisch orientiert gilt, es ist Irland, das als sehr katholisches Land gilt, es sind die Beneluxstaaten, es ist Frankreich, es ist Portugal, es ist England. Es sind viele Länder, die diesen Weg gegangen sind, und es sind auch schon Konservative – und da schaue ich in die Reihen der ÖVP – diesen Weg gegangen.

Cameron ist zwar europapolitisch kein Vorbild, denn er ist der Vater des Brexit und die Briten werden das teuer bezahlen, aber im Zusammenhang mit der gleichgeschlecht­lichen Ehe hat Cameron Folgendes gesagt: Weil ich Konservativer bin, bin ich nicht gegen, sondern für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtlich Liebende. – Zitatende. Er sagt damit, für ihn ist es ein Wert, wenn zwei Menschen miteinander Verantwortung übernehmen wollen. Ich will nicht werten, ob sie das mit oder ohne Ehe machen. Die Grünen haben da wahrscheinlich eine etwas andere Tradition, und es gibt viele, die bei uns sagen, eine Lebensgemeinschaft tut es auch, aber auch das ist nichts, wo sich der Staat einmischen soll.

Es sollen die Betroffenen entscheiden können: Wollen wir den rechtlichen Rahmen der Ehe wählen oder wollen wir in einer Lebensgemeinschaft leben? Das darf nicht davon abhängen, welche Geschlechter das betrifft, und das darf nicht auf Diskriminierung aufgebaut werden. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Das ist zu Recht so und entspricht auch schon lange dem, was die Bevölkerung denkt. Es gibt Umfragen in Österreich, die klar bestätigen: Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ist für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Die letzte Umfrage hat 61 Prozent ergeben. Das ist eine erdrückende Mehrheit, die deutlich weiter ist als die politische Realität in diesem Haus. Ich meine, wir werden heute abstimmen und werden das sehen, aber unsere Gesellschaft ist weiter als viele Partei­en­vertreter, die hier sitzen. Unsere Gesellschaft sagt: Überlassen wir den Betroffenen, wie sie miteinander Verantwortung übernehmen wollen, aber geben wir ihnen den rechtlichen Rahmen dafür.

In diesem Sinne: Um diesen Antrag abstimmen zu können, muss der heutige Frist­setzungsantrag angenommen werden, nämlich aus einem ganz einfachen Grund: Über den Ausschuss kann der Antrag blockiert werden, man muss der Ausschusstages­ordnung nicht zustimmen und kann so den Antrag quasi in der Warteschleife halten.

Wenn wir aber heute einen Fristsetzungsantrag beschließen – das richtet sich vor allem an die SPÖ –, wenn die SPÖ das Versprechen von Bundeskanzler Kern einlöst, dann können wir heute einen ersten Schritt setzen, damit wir in der Juni- oder Juli-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite