Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 7. Juni 2017 / Seite 221

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weite Beratung hat. Ich möchte den vielen Beratungsstellen, die gute Arbeit machen – daran besteht überhaupt kein Zweifel –, Danke sagen. Wir haben aber wenig Vernet­zung, wir haben wenige Standards, wie man so eine Vorbereitung oder eine Beratung durchführen soll. Wir haben auch wenige Maßnahmen oder wenige Empfehlungen in Gesetzesform, die den Frauen die Möglichkeit geben, in Form eines Sicherheitsgurtes nachzudenken.

In Deutschland gibt es diesen Sicherheitsgurt von drei Tagen Bedenkzeit. Das halte ich persönlich, so wie viele andere hier herinnen, für eine sehr sinnvolle und gute Frist, weil da niemand unter Druck gesetzt wird, sondern eine Option eröffnet wird, dass man in Ruhe nachdenken kann, was man eigentlich mit dem Kind im Bauch anstellen will, ob man es vielleicht nicht doch bekommen will. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Ich glaube daher, dass wir in Österreich unbedingt eine obligatorische, bundesweit einheitliche und standardisierte Beratung brauchen, weil uns das helfen würde, mehr Kinder zu bekommen. Das würde auch den Frauen helfen, die sich in ambivalenten Situationen vielleicht zu einem Schwangerschaftsabbruch durchringen und im Nach­hinein darunter leiden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Doppler und Schmid.)

17.47


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste: Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


17.47.51

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Überschrift des Antrags liest, könnte man die Vermutung haben, dass es sich dabei um eine positive Idee handelt. Dem ist natürlich nicht so. (Abg. Kitzmüller: Was ist daran falsch?) Wir haben dem Antrag auch im Ausschuss nicht zugestimmt, und zwar aus folgenden Gründen: Es steht nämlich in der Begründung: „Eine ausreichend hohe Geburtenrate ist für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung.“ Außerdem soll „die Schaffung neuer Optionen für das Leben“ voran­getrie­ben werden.

Der Antrag ist vollkommen tendenziös, weil die eigentliche Strategie dahinter eben die Erhöhung der Geburtenrate ist und nicht die Beratung von ungewollt schwanger gewordenen Frauen. (Abg. Neubauer: Merkwürdige Interpretation!) Wenn man Beratung für ungewollt Schwangere anbieten will, dann muss diese objektiv und vor allem ergebnisoffen sein. Wenn man Beratung anbietet, die das Wohl der Betroffenen aber gegen andere Themen abwägt, wie eben zum Beispiel die Erhöhung der Gebur­tenrate, vielleicht eine damit einhergehende Aufrechterhaltung des Sozialsystems oder sogar die Durchsetzung von religiösen Dogmen, dann ist es reine Heuchelei, die hinter dieser Idee steckt. Das ist aus frauenpolitischer, gesundheitspolitischer und ethischer Sicht absolut abzulehnen.

Wir haben oft gehört, Frauen machen einen Schwangerschaftsabbruch nicht aus Jux und Tollerei, das ist eine ernsthafte Entscheidung, die sie vielleicht noch das ganze Leben beschäftigt. In Österreich können sie diese Entscheidung aber – immer noch – treffen, anders als in vielen anderen europäischen Ländern, in Mitgliedstaaten der EU.

Diesem Antrag nach sollen jetzt aber Frauen, die ohnehin schon in einer psychisch schwierigen Situation, in einer belastenden Situation sind, mit einer vom Staat eben nicht wirklich unabhängigen und schon gar nicht ergebnisoffenen Beratung quasi zwangsbeglückt werden, damit sie ja keine falsche Entscheidung treffen könnten, die


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