Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll186. Sitzung, 19. Juni 2017 / Seite 26

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Grünen inzwischen abgerückt. Vielmehr zeigen sie sich sogar bereit, eine Bildungsdi­rektion als Zwitterbehörde mitzutragen, in der die Besetzung der Spitze im Streitfall klar bei den Landeshauptleuten liegt. Damit wird dem Prinzip „Schulpolitik ist Machtpolitik“ nun offensichtlich auch von den Grünen Vorschub geleistet.

– In den letzten Wochen erleben wir ein unwürdiges Schauspiel aus verkündeten Eini­gungen, Absagen, gegenseitigen Vorwürfen, Anschuldigungen und anderen Peinlichkei­ten. Selbst wenn das Gesetzespaket noch ins Leben kommen sollte, ist das Vorhaben mittlerweile derart verwässert, dass es den Namen Bildungsreform kaum mehr verdient und für Unzufriedenheit und Unsicherheit auf allen Seiten sorgen wird.

2. Die Gründe des Versagens

Die Gründe für das Versagen und die unerfreulichen Entwicklungen sind ebenso viel­fältig wie offensichtlich. Hier eine kurze Auflistung der wichtigsten und schwerwiegends­ten:

– Solange Bildungspolitik als Partei- und Machtpolitik begriffen wird, stehen im Zentrum des Interesses nicht die Schülerinnen und Schüler, sondern der Fokus gilt einzig dem Erhalt und Ausbau der eigenen (parteipolitischen) Pfründe und Einflussmöglichkeiten. Das ist unerträglich und – für Schüler_innen, Lehrer_innen und Eltern – hochgradig dys­funktional. Wir brauchen endlich eine gemeinsame Kraftanstrengung und ein Bekennt­nis, diese schädlichen Einflüsse hintanzustellen. Wir brauchen pragmatische Lösungen und keine ideologischen Grabenkämpfe. Im Zentrum aller Gestaltungsbemühungen ha­ben die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern und die Lehrerinnen und Lehrer zu stehen.

– Die Landeshauptleute sind in diesem Zusammenhang ein besonderes Ärgernis. Wir wissen längst, was zu tun ist und die Regierung weiß es auch, kann sich hier aber in den Bundesländern nicht gegen die „Fürsten der Finsternis“ durchsetzen. Egal ob es um das Befüllen der Transparenzdatenbank, Fragen der Elementarpädagogik oder eben die Bildungsreform geht: Die Landesfürsten sind nicht bereit, auf ihren Machtzugriff zu verzichten und wollen auch weiterhin mit dem Parteibuch in der Hand in den Schulklas­sen stehen. Das gibt ihnen die Macht über Personalbestellungen sowie Standort- und In­vestitionsentscheidungen. Dies wiederum sind die Zutaten für „Anfütterungsstrategien alten Stils“, um die eigene Klientel bei Laune zu halten. Es handelt sich dabei um Mus­ter struktureller Korruption.

– Es gab keinen echten und ernsthaften Dialogprozess mit Betroffenen. Die Unzufrie­denheit vieler von der Reform Betroffenen war bereits zu Beginn der Verhandlungen absehbar. Aufgrund ihrer interessens- und parteipolitischen Verstrickungen war die Bun­desregierung außer Stande oder nicht willens, einen transparenten und partizipativen Reformprozess im Bildungsbereich aufzusetzen. Sowohl die Öffentlichkeit als auch die Schulpartner und die Oppositionskräfte im Parlament wurden systematisch aus den Be­ratungen der Bildungsreformkommission und des Bildungsministeriums ausgeschlossen. So können keine tragfähigen Lösungen erarbeitet werden. Ein gemeinsames Reform­projekt muss im Rahmen eines integrativen, parteiübergreifenden Dialogprozesses ent­wickelt werden.

– Keine Strategie, keine Prozessklarheit: Für ein Mammutprojekt wie die Bildungsre­form braucht es natürlich Prozessklarheit und ein professionelles Projektmanagement. Ohne konkreten Fahrplan inklusive Meilensteine und definierten Rahmenbedingungen kann so ein Projekt kaum gelingen. Die Bildungsreform braucht einen Plan. Hier hätte es breite nationale Planungs- und Umsetzungsstrategien gebraucht, wie von unserer Fraktion im Nationalrat und Unterrichtsausschuss regelmäßig vorgezeichnet und einge­fordert. Beispielsweise hier: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00926/
index.shtml

 


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