Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll186. Sitzung, 19. Juni 2017 / Seite 42

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spür mehr dafür, welche Auswirkungen das hat. Es wird einfach so hingenommen – das ist ja der beste Beweis dafür, dass die Entpolitisierung noch längst nicht geschehen ist.

Matthias Strolz hat es ja vorgelesen: „Durch Landesgesetz kann vorgesehen werden, dass der Landeshauptmann der Bildungsdirektion als Präsident vorsteht.“ – Das ist ja völlig absurd! Und da kommt absolut gar nichts vonseiten der ÖVP. Es sind auch nicht mehr Minister anwesend, weil das offensichtlich kein wichtiges Thema ist.

Josef Moser hat gesagt, man könne das so nicht beschließen, wenn die Bildungsdirek­tion vordergründig von den Landeshauptleuten geführt wird. Herr Walser, Sie als Bil­dungssprecher der Grünen haben gesagt, diese Lösung sei besser als das, was wir bis­her hatten. – Das reicht aber nicht, um unseren Ansprüchen zu genügen.

Ich möchte nun auf ein paar Dinge eingehen, die der Herr Bundeskanzler glücklicher­weise vorgetragen hat: Das Thema Ganztagsschulen klingt ja zum Beispiel sehr nett, aber auch in diesem Zusammenhang ist ein Großteil des Budgets in die Hände der Lan­deshauptleute gegeben worden. Warum? – Keine Ahnung. Es gibt keine sinnvolle Be­gründung dafür. Die meisten Dinge werden hier vollkommen ohne Not reingenommen. Eine echte Erklärung, eine inhaltliche, warum das sinnvoll ist, gibt es nicht – braucht es aber offensichtlich auch nicht. Es reicht ja anscheinend schon, dass die Landeshaupt­leute einfach das Pouvoir haben. Daran, dass man in der österreichischen Bildungsver­waltung für Dinge eine sinnvolle Begründung sucht, sind wir schon längst vorbei.

Dass ausgerechnet Teach For Austria als Beispiel hergenommen wird, finde ich wirk­lich frech und sehr provokant, weil nämlich in der nächsten Sitzung des Unterrichtsaus­schusses beschlossen wird, wie man es Quereinsteigern einfacher machen könnte. Herr Bundeskanzler, Sie haben sich die Stellungnahme von Teach For Austria zu diesem Ge­setz offensichtlich nicht durchgelesen, denn die kritisieren sehr stark, was da kommt. Ihrer Meinung nach hilft das neue Gesetz nämlich keinem einzigen Quereinsteiger, in die Schulen zu kommen. Und wie wir heute in der Früh gehört haben, wird es in den nächsten Jahren einen akuten Lehrermangel geben, den man durch Quereinsteiger viel­leicht lösen oder überbrücken könnte. Das wird durch diese Gesetzesnovellierung aber nicht ermöglicht – ganz im Gegenteil!

Außerdem haben Sie die Unis erwähnt. Es ist wirklich eine Tragik, dass die SPÖ die­ses Thema reingenommen hat. Im Gegensatz zur Bildungsreform könnte hier nämlich eine zukunftsweisende Richtungsentscheidung gefällt werden, indem man entscheidet, wie man die Unifinanzierung in Zukunft sinnvoll gestalten kann. Das funktioniert, wenn es nicht mehr darum geht, den Unis einfach ein intransparent zustande gekommenes Globalbudget in die Hand zu geben, und man die Unis dann selbst schauen lässt, wie sie mit dem Geld, mit dem sie eh nicht auskommen, irgendwie zurechtkommen. Viel­mehr sollte man die Studierenden in den Mittelpunkt stellen und davon ausgehen, wie viele Studierende an einer bestimmten Uni in jedem der einzelnen Studienfächer studie­ren. Ausgehend davon kann dann das Budget für alle Beteiligten transparent erstellt wer­den. Das wäre meiner Meinung nach grundsätzlich eine sehr sinnvolle Regelung. Vor al­lem wäre das – ganz im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten, Herr Bundeskanzler – eine Strategie, die bei der Bildungsreform gefehlt hat.

Ich möchte gerne für die Bürgerinnen und Bürger kurz erklären, was eigentlich das Pro­blem ist, worum es denn eigentlich geht, wenn wir kritisieren, dass die Landesfürsten hereingenommen werden und eine Verantwortung übertragen bekommen, die ihnen unserer Meinung nach nicht zusteht und die auch nicht sinnvoll ist: Das liegt daran, dass es beim Thema Bildung eine Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gibt, die keine sinnvolle Begründung hat. Ich habe noch keine einzige gehört. Es würde mich interessieren, welche Argumente Rot und Schwarz eigentlich haben und warum sie befinden, dass das ein sinnvolles Konstrukt ist, oder warum wir es immer noch so sein lassen. Warum haben wir diese Reform nicht zum Anlass genommen, dieses Pro-


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