Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll186. Sitzung, 19. Juni 2017 / Seite 54

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gibt es Spitzenfahrer, dann geht das abwärts, es gibt mehrere Gruppen, oft fünf oder sechs Gruppen, je nachdem, wie groß die Schule ist, und ganz unten sind die Anfän­ger, die Stemmpflug fahren. Wissen Sie, warum die das machen? Weil, wenn der Spitzen­fahrer mit dem, der nicht Ski fahren kann, zusammen ist, beide frustriert sind. Der Spit­zenfahrer ist frustriert, weil nichts weitergeht, und der, der hinten nachfährt, ist frustriert, weil er nicht mithalten kann.

Das Gleiche passiert in der Schule. Ich habe selber zwei Kinder. Meine Tochter schafft gerade den Sprung ins Gymnasium mit dementsprechendem Leistungsdruck – das ha­ben wir heute ja schon gehört –, und das ist auch gut so, und mein Sohn hat es schon ins Gymnasium geschafft. Warum ist es mir so wichtig, dass es beide ins Gymnasium schaffen? Weil wir in der Mittelschule keine innere Differenzierung haben. (Abg. Hei­nisch-Hosek: Na sicher!)

Wir stecken da alle zusammen, dann ist der Schwächste mit dem Stärksten zusam­men, und beide sind frustriert. Wenn wir es nicht schaffen, da die innere Differenzie­rung zu gestalten, dass der, der in Mathematik besonders gut ist, nicht mit dem zusam­mensitzt, der in Mathematik besonders schlecht ist, dann funktioniert das nicht. Was Sie machen, ist eine ideologische Aufladung der Schule; und mit diesem Konzept, alle in eine Gesamtschule, nivelliert man nach unten. Das ist die Wahrheit.

Wir hingegen wollen eine innere Differenzierung. Wir wollen, dass jeder nach seinen Stärken gefördert wird und jeder bei seinen Schwächen abgeholt wird. Das passiert aber nicht, auch nicht mit diesem neuen Modell. Deshalb sage ich: Diese Einigung ist gut in der Verwaltung, in den Bereichen, die jetzt anzugehen dringend notwendig sind, da ge­hört einiges gemacht. Die Grundfrage wird durch diese Einigung jedoch nicht gelöst, und die heißt: Wie schaffen wir es, dass jeder dort abgeholt wird, wo er steht?

Wenn Sie schon von einer Gesamtschule träumen, dann gibt es die ja bereits öster­reichweit: die Volksschule. Die Volksschule ist eine österreichweite Gesamtschule, und sie funktioniert nicht. (Abg. Kucharowits: Natürlich funktioniert sie!) Warum funktioniert die Volksschule nicht? Weil es am Ende der Volksschule gewaltige Unterschiede gibt. Am Beginn der Volksschule, die eine Gesamtschule ist, sind alle etwa auf einem Ni­veau; und nach der Gesamtschule Volksschule gibt es haushohe Unterschiede. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Solang Sie es nicht schaffen, eine Gesamtschule wie die Volksschule auf vernünftige Beine zu stellen, wird es Ihnen später auch nicht gelingen. Das Einzige, was Sie mit ei­ner Gesamtschule machen, ist nach unten zu nivellieren, und das kann nicht gut sein. Auch ich bin kein großer Freund davon, dass man die Kinder mit zehn Jahren schon aus­einanderdividiert, aber im System, das wir im Moment haben, führt eine Zusammenfüh­rung nur zu einer Nivellierung nach unten, und das kann niemand wollen.

Deshalb müssen wir, wenn wir da etwas substanziell bewegen wollen, die Gesamt­schule Volksschule schon funktionierend machen, und dazu ist niemand bereit. Warum gibt es keinen verschränkten Unterricht in der Volksschule, mit dem man die Kinder un­abhängig von ihrem Elternhaus macht? Im Moment ist es so – ich sehe es bei meinen Kindern –: Die Kinder kommen mit viel Hausübungen nach Hause, haben viel zum Ler­nen auf, und in Wahrheit hängt es davon ab, ob die Eltern sich hinsetzen und all das, was in der Schule nicht gelehrt wurde, zu Hause nachholen. Und da trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt Eltern, die das machen, die haben die Zeit dafür (Abg. Wö­ginger: Sie nehmen sich die Zeit!) oder auch die finanziellen Mittel für die Nachhilfe, und es gibt Eltern, die haben das nicht (Zwischenrufe bei der SPÖ), und dann bleiben die Kinder hintennach, und das ist das Problem.

Wenn Sie also eine Gesamtschule wollen, dann schauen Sie, dass die Gesamtschule Volksschule einmal funktioniert, und machen Sie nicht ein Experiment auf Kosten der Kinder, die sich dann einfach nicht so entwickeln, wie sie könnten!

 


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